Leuchtspuren in der Nacht Fotografieren mit Langzeitbelichtungen

Halle (dpa/tmn) - Wenn Sterne im Nachthimmel Bahnen ziehen oder das Wasser eines Bachlaufs wie ein samtiger Schleier aus einem Märchenland wirkt, ergibt das faszinierende Bilder. Wer als Fotograf solche Effekte erzeugen möchte, muss mit Langzeitbelichtung arbeiten.

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So gehen es Einsteiger an:

Anwendungsgebiete

„Langzeitbelichtung ist ein beliebtes Stilmittel, um Menschen in Unschärfe verschwimmen oder sie sogar gänzlich verschwinden zu lassen“, sagt Constanze Clauß vom Photoindustrie-Verband. Sie ist sinnvoll, wenn man Bewegungen verwischt darstellen will oder bei wenig Licht fotografiert. Am Tag lassen sich tolle Effekte erzielen.

Mit samtig verschleiertem Himmel oder sanft wogendem Gras muten Landschaftsaufnahmen fast impressionistisch an. Beim Lightpainting kann man leuchtende Wörter in die Dunkelheit schreiben. Auch Leuchtspuren von Autos oder einem Feuerwerk sind das Ergebnis von ein paar Sekunden Belichtungszeit. Für die Astrofotografie braucht es dann mehrere Minuten oder sogar Stunden.

Kamera

„Prinzipiell ist das mit jeder Kamera möglich, man muss nur die Belichtungszeit manuell einstellen können“, erklärt Moritz Wanke vom Fachmagazin „Chip“. Viele neuere Kompaktkameras und Smartphones bieten schon entsprechende Einstellungen. Zusätzlich kann man Apps wie Slow Shutter Cam (für iOS) oder Manual Camera (Android) nutzen. Oft ist mit der Belichtung aber bei 30 Sekunden Schluss.

Ansonsten unterscheiden sich einfachere Kameras vor allem in Funktionsumfang und Bildqualität von teureren Systemkameras. „Für Facebook oder Instagram reicht die Bildqualität mehr als aus“, sagt Wanke. Systemkameras mit oder ohne Spiegel fangen allerdings deutlich mehr Details ein - wichtig, wenn man größere Abzüge machen will. Außerdem kann man bei Systemkameras mit dem Bulb-Modus mehrere Stunden belichten. „30 Sekunden reichen für ein Sternenfoto, aber nicht unbedingt für die Milchstraße“, sagt Wanke.

Zubehör

Wer schon einmal bei wenig Licht fotografiert hat, kennt das Problem: Die Bilder sind verwackelt. Das liegt daran, dass auch die ruhigste Hand eine Kamera nicht länger als eine Sekunde stillhalten kann. Deswegen ist bei Langzeitbelichtungen ein Stativ empfehlenswert. Constanze Clauß empfiehlt ein Drei- oder Vierbeinstativ. In schwierigem Gelände, etwa im Gebirge, sei ein Einbeinstativ praktisch. Wer kein Stativ zur Hand hat, kann sich mit einem Bohnensäckchen oder einer festen Unterlage behelfen.

Für Smartphones kann man einen Selfiestick an einem anderen Gegenstand befestigen. Mit einem Fernauslöser vermeidet man Erschütterungen beim Drücken des Auslösers. Viele Kameras kann man auch per App fernsteuern. Ansonsten lässt sich der Selbstauslöser zu Hilfe nehmen oder die Einstellung Spiegelvorauslösung wählen.

Wer am Tag fotografiert, muss mit einem weiteren Problem umgehen: Die Bilder werden bei mehreren Sekunden Belichtungszeit viel zu hell, egal, wie weit die Blende geschlossen ist. Deswegen braucht man zusätzlich sogenannte Grau- oder ND-Filter, die die Linse abdunkeln. Kompaktkameras oder Smartphones kommen hier an ihre Grenzen, weil sie kein entsprechendes Gewinde besitzen. „Bei mehreren Minuten Belichtung braucht man auch bei Sonnenauf- oder Untergang einen Filter“, sagt Fotograf Matthias Haltenhof aus Halle an der Saale.

Einstellungen

Der ISO-Wert sollte bei 100 bis 200 liegen, damit das Rauschen möglichst gering ist. Sonst erscheint das Bild schnell grobkörnig. Um vor der Aufnahme den Fokus richtig zu setzen, sucht man sich am besten einen Lichtpunkt, rät Haltenhof, etwa eine Straßenlaterne oder den Mond. Notfalls kann man mit einer starken Taschenlampe ein Objekt anleuchten und darauf scharfstellen. Oder man stellt den Fokus am Objektiv auf unendlich.

Um herauszufinden, welche Verschlusszeit die richtige für den gewünschten Effekt ist, kann man entweder ein wenig herumprobieren oder Testbelichtungen machen. Für besondere Wolkeneffekte reichen Werte ab 30 Sekunden, um Plätze quasi menschenleer zu fegen, sind mehrere Minuten nötig. Haltenhof belichtet meist nicht länger als zehn Minuten. „Sonst wird die Bildqualität zu schlecht.“ Je länger die Kamera arbeitet, desto wärmer wird der Sensor, das Rauschen nimmt zu. Bei sogenannten Star-Trail-Aufnahmen, mit denen man die Bewegung der Sterne festhält, muss man das allerdings in Kauf nehmen.