Google-Software gewinnt auch zweite Partie gegen Go-Meister
Seoul (dpa) - Bei dem vielbeachteten Duell zwischen Mensch und Computer im Brettspiel Go hat die Google-Software AlphaGo auch die zweite Partie gewonnen und ist damit auf dem Weg zum Gesamtsieg.
Nun wächst der Druck auf den südkoreanischen Spitzenspieler Lee Sedol, am Samstag das dritte von fünf angesetzten Spielen in Seoul zu gewinnen. Der 33-Jährige gab heute in der zweiten Partie nach viereinhalb Stunden auf. Bei der Auftaktniederlage am Vortag habe ihn die Spielstärke des Programms überrascht, „heute bin ich mehr als das: Ich bin sprachlos“, sagte er hinterher.
Schon der erste Sieg von AlphaGo gegen einen der weltbesten Go-Spieler wurde als ein Meilenstein bei der Entwicklung selbstlernender Maschinen und künstlicher Intelligenz gewertet. Denn das Strategiespiel Go mit seinen vielen möglichen Spielzügen galt bis zuletzt als zu komplex für Computer. Das Match läuft bis zum 15. März und wird live auf der Google-Videoplattform YouTube gezeigt. Es geht auch um ein Preisgeld von einer Million Dollar - beim Sieg der Software wird der Betrag gespendet.
Er müsse zugeben, dass die neue Niederlage deutlich ausfiel, sagte Lee. In der ersten Partie habe der Computer nach seinem Gefühl noch „problematische Züge“ gemacht. „Doch heute spielte AlphaGo das fast perfekte Spiel.“ Es werde schwierig für ihn im dritten Spiel am Samstag, sagte Lee, der sich im Vorfeld des Matchs noch sehr zuversichtlich geäußert hatte, den Kräftevergleich zwischen Mensch und Computer für sich zu entscheiden. Er wolle sein Bestes geben, um „mindestens ein Spiel zu gewinnen“.
Kommentatoren hatten bis zuletzt von einem engen Spiel gesprochen, der Computer eroberte aber etwas mehr Fläche auf dem Brett. Er sei sehr beeindruckt gewesen von den erfindungsreichen, „gefährlich aussehenden Zügen von AlphaGo“, kommentierte der Profi-Spieler Michael Redmond in der YouTube-Übertragung.
Die Regeln des ursprünglich aus China stammenden Go sind im Prinzip einfach: Zwei Spieler versuchen, auf einem Spielbrett - ein Gitter von 19 vertikalen und 19 horizontalen Linien - Gebiete zu erobern. Dafür setzen sie abwechselnd schwarze und weiße Steine. Komplett eingekreiste Steine des Gegners werden vom Brett genommen. Auf dem Brett mit 361 Feldern ist aber eine gewaltige Zahl von Zügen möglich, was es selbst für einen leistungsstarken Computer schwieriger macht, die Entwicklung des Spiels durchzurechnen.
Die zweite Partie wurde mit zusätzlichem Interesse erwartet, weil die Software den ersten Zug hatte und damit das Spiel gestalten konnte. „AlphaGo legte Tempo vor und dafür konnte Lee Fläche gewinnen“, sagte Redmond. Die Software sicherte sich jedoch relativ schnell mit einer losen Kette schwarzer Steine den oberen Teil des Bretts - was am Ende auch zur Entscheidung beitrug. Im Rest des Bretts entfaltete sich ein dichtes Spiel Stein an Stein.
Dann machte die Maschine nach rund einer Dreiviertelstunde einen Zug, der Redmond in großes Erstaunen versetzte. So etwas bekomme man wirklich selten zu sehen, sagte er, als AlphaGo auf der noch weitgehend freien rechten Seite des Bretts einen Stein diagonal neben einen freistehenden weißen Stein von Lee platzierte. Der Zug schickte den Koreaner für rund eine Viertelstunde ins Grübeln und danach verbrauchte er seine Zeit deutlich schneller als AlphaGo.
Lee Sedol versuchte bis zum Schluss, durch geschicktes Platzieren einzelner Steine Teile der von AlphaGo besetzten Fläche abzuknapsen - doch am Ende reichte es nicht. Ihm gingen als ersten die vorgesehenen zwei Stunden aus und er musste auf das Zusatz-Kontingent zugreifen, bei dem für jeden Zug maximal eine Minute vorgesehen ist. Die YouTube-Kommentatoren sprachen von einem „dramatischen Ende eines dramatischen Spiels“.
AlphaGo wurde bei der britischen Firma DeepMind entwickelt, die Google vor gut zwei Jahren kaufte, laut Medienberichten für 500 Millionen Dollar. Mitgründer Demis Hassabis schrieb bei Twitter, der zweite Sieg sei für ihn selbst schwer zu fassen. „AlphaGo hat in diesem Spiel einige wunderschöne kreative Züge gespielt.“ In die Software wurden zwar anfangs Millionen Züge der besten menschlichen Spieler einprogrammiert - sie lernt aber selbst dazu. Hassabis spricht oft davon, Computern das Denken beizubringen.