Kleine Kästen, großes Kino: So funktionieren Streamingboxen
Frankfurt/Main (dpa/tmn) - Die meisten Streamingboxen oder -sticks sind klein und unscheinbar. Neben dem Fernseher, der Heimkino-Anlage oder der Spielkonsole könnte man sie fast übersehen. Trotzdem sind sie inzwischen oft das Herzstück des Wohnzimmer-Entertainments.
Denn Chromecast, Fire TV, Apple TV und Co bringen Filme, Serien und andere Videos ohne Umwege auf den Bildschirm. Weit verbreitet sind die Geräte zwar noch nicht: Laut Digitalisierungsbericht der Landesmedienanstalten stehen Streamingboxen und -sticks zurzeit nur in knapp jedem zehnten Haushalt (9 Prozent). Doch die Tendenz ist steigend: Im Vergleich zum Vorjahr hat sich der Anteil laut dem Bericht bereits verdoppelt.
Dafür gibt es mehrere Gründe: „Die Geräte sind klein und die Kosten überschaubar“, sagt Tobias Arns vom IT-Verband Bitkom. Der Standardpreis für Streamingboxen liegt bei etwa 100 Euro. Und auch die technischen Voraussetzungen stimmen: Schnelle Internetzugänge für ruckelfreies Videostreaming werden immer populärer, Anschlüsse für die kleinen Kästen gibt es reichlich: „Moderne Smart-TV haben inzwischen mindestens vier HDMI-Ports, manche sogar mehr“, sagt Arns.
Welche Box für wen geeignet ist, hängt vor allem davon ab, welchen Streamingdienst man nutzt oder nutzen will. Denn die Hersteller der Boxen unterstützen vor allem ihre eigenen Angebote: Auf Amazons Fire-Geräten steht Prime im Mittelpunkt, bei Apple TV iTunes und bei Nexus Video Player oder Chromecast der Google Play Store.
„Dazu kommt überall noch Netflix, das ist inzwischen eine Art gemeinsamer Nenner“, sagt Christoph de Leuw von der „Computerbild“. Auch auf Youtube und ähnliche Plattformen wie Vimeo oder Dailymotion greift fast jede Box problemlos zu. Apps für andere Dienste wie Watchever, Maxdome oder die Mediatheken der großen TV-Sender gebe es dagegen nicht überall. Und auch das Musikstreaming-Angebot variiert.
Unterstützt das Gerät einen Dienst nicht, können Nutzer Inhalte teils auch erst auf Smartphone oder Tablet und dann von da per WLAN zur Box streamen. „Das ist aber eher wackelig und natürlich nicht so komfortabel, wie wenn die Box das direkt macht“, sagt de Leuw. Er rät genau zu prüfen, welche Box was kann: „Das kann sich ständig ändern.“
Ansonsten unterscheiden sich die Boxen nur wenig: „Die Nutzerfreundlichkeit ist inzwischen überall auf hohem Niveau“, sagt de Leuw. Das sei auch der größte Vorteil der Boxen gegenüber anderen Streaminglösungen. Apps für Videoplattformen oder Mediatheken gebe es schließlich auch für viele internetfähige Fernseher, Blu-ray-Player oder Spielkonsolen. „Da ist die Bedienung aber oft viel zäher.“ Die spezialisierten Boxen reagierten dagegen viel zackiger. „Wenn man das einmal erlebt hat, will man es nicht mehr missen.“
Ein weiterer Vorteil der meisten Streamingboxen ist die Sprachsuche per Fernbedienung. Hier gibt es auch noch Qualitätsunterschiede zwischen den Modellen, sagt de Leuw. Für entscheidend hält er dieses Feature aber nicht: „Das ist wirklich eine Frage des Temperaments, ob sich ein Nutzer gerne mit seiner Fernbedienung unterhält.“
Manche Hersteller versuchen auch, ihre Boxen als Spielkonsole zu etablieren: Amazon bietet zum Beispiel schon länger ein Gamepad für sein Fire TV, bei der Präsentation des neuen Apple TV standen Spiele sogar im Mittelpunkt. Bitkom-Experte Arns glaubt aber nicht, dass die Boxen Playstation und Xbox Konkurrenz machen können: „Ich gehe davon aus, dass es da eher um Casual Games gehen wird“, sagt er. „Die großen Blockbuster bleiben vermutlich auf den Konsolen oder dem PC.“
Was kaum eine Box unterstützt, ist das Streamen eigener Videos, etwa vom Computer oder von einem Netzwerkspeicher (NAS). „Das ist da eigentlich nicht vorgesehen“, sagt Christoph de Leuw. „In der Regel müssen Nutzer da immer über die Cloud-Dienste des Herstellers gehen.“ Eine Alternative dazu sind Apps wie Kodi, die sich auf vielen Boxen aber nur auf Umwegen installieren lassen. Und USB-Ports zum Anschluss von Festplatten oder Sticks mit Videos bieten nur wenige Boxen.
Wer viel Wert auf solche Funktionen legt, wird mit den sogenannten Mediaplayern anderer Hersteller glücklicher: Hier steht eher das Abspielen eigener Inhalte im Mittelpunkt, nicht das Streamen aus dem Netz. Auch dafür gibt es zwar schon Alternativen - kleine Boxen, auch Media-Hubs genannt, von eher unbekannten Firmen. In Sachen Nutzerfreundlichkeit können sie aber noch nicht mit den Boxen der großen Anbieter mithalten. „Zurzeit ist das zwar eher noch was für Bastler“, sagt Tobias Arns. „Das kann sich aber ändern.“