Bayreuth: Frieden im Hause Wahnfried
Der lange Weg des Wolfgang Wagner vom Festspiel-Fürsten zum abgedankten König.
Bayreuth. Gerade noch rechtzeitig hat Wolfgang Wagner eingelenkt. Mit seinem Rücktritt behält der 88-jährige Bayreuther Festspielchef das Heft des Handelns in der Hand und sichert vermutlich die seit der Festspielgründung 1876 andauernde Wagner-Dynastie auf dem "Grünen Hügel". Seine beiden Töchter Eva Wagner-Pasquier und Katharina Wagner werden die weltweit wichtigsten Richard-Wagner-Festspiele vermutlich künftig als Duo leiten.
Offiziell beginnt nun zunächst eine viermonatige Bewerbungsfrist für Mitglieder der Familie Wagner. Auch Eva und Katharina, die bereits ein Konzept erarbeitet haben, müssten sich offiziell bewerben, unterstrich der bayerische Kunstminister Thomas Goppel (CSU). Am 1. September, wenige Tage nach Abschluss der diesjährigen Festspielsaison, will der Stiftungsrat wieder zusammenkommen und über die Bewerbungen beraten.
Die Ernennung der Halbschwestern dürfte dann aber nur noch eine Formsache sein, denn sowohl der Bund als auch der Freistaat Bayern als die wichtigsten Geldgeber haben sich bereits für das Tandem ausgesprochen. Wagner selbst ist offensichtlich davon überzeugt, dass es zu dieser Lösung kommen wird, die er nach den Worten seines Anwalts Stefan Müller für die "beste und tragfähigste" hält.
Nach wochenlangen Gesprächen hatte Wagner erst am Montagabend sein Rücktrittsschreiben formuliert und damit auch einige Mitglieder des Stiftungsrats überrascht. "Das Schreiben war der Endpunkt von viel Abstimmungsarbeit", sagte der Bayreuther Oberbürgermeister Michael Hohl (CSU).
Wagners Rücktritt nach 57-jähriger Regentschaft - davon 41 Jahre als Alleinherrscher - ist eine tiefe Zäsur für die Bayreuther Festspiele. Seit 1951 stand er in der Verantwortung, zunächst mit seinem älteren Bruder Wieland, mit dem er die durch die Nähe zum Nazi-Regime diskreditierten Festspiele neu aufbaute und internationales Renommee zurückgewann.
Nach dem frühen Tod Wielands 1966 übernahm Wolfgang Wagner die alleinige Macht im Festspielhaus. Er stellte die Festspiele auf eine sichere finanzielle Basis. Rigoros drängte er zunächst die Wieland-Familie vom "Grünen Hügel" und aus dem Haus Wahnfried, nach der Scheidung von seiner ersten Ehefrau Ellen auch Wielands Tochter Eva, bis dahin seine wichtigste Helferin. In den 1980er Jahren festigte er seine Alleinherrschaft mit einem lebenslangen Vertrag als "Festspielunternehmer".
Doch der als hartnäckig und stur bekannte Wagner versäumte es, mit dem Stiftungsrat zu einer Lösung in der Nachfolgefrage zu kommen. Erst der plötzliche Tod Gudruns, der längst heimlichen Herrin im Hause, und finanzielle Probleme brachten ihn zum Einlenken.