Interview: Wilhelm Petzold - Pina Bauschs Vermächtnis
Bisher ist nicht bekannt, wo der Nachlass der Choreografin gehütet werden soll. Ihr Wunschort: die Museumsinsel Hombroich.
Neuss. Am westlichen Rand der Insel Hombroich bei Neuss entsteht, erbaut vom New Yorker Architekten Raimund Abraham, ein Haus für Musik. Es ragt mit seinem schrägen, halb geöffneten Dach wie eine Diskus-Scheibe in die Landschaft der ehemaligen Nato-Raketenstation.
Mit dem Tode des Kunstsammlers und Insel-Gründers Karl-Heinrich Müller 2007 geriet der Bau ins Stocken. Nun könnte er zum Haus für Tanz und Musik werden und die Sammlung Pina Bausch aufnehmen. Ein Gespräch mit dem Geschäftsführer der Museumsinsel, Wilhelm Petzold.
WZ: Herr Petzold, Pina Bausch hat kurz vor ihrem Tode die Museumsinsel besucht. Warum?
Petzold: Sie bat um das Gespräch und brachte ihre Geschäftsführerin Cornelia Albrecht und Bühnenbildner Peter Pabst mit. Für die Insel nahmen Kulturstaatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff und ich teil. Zum Schluss fasste sie das Gespräch zusammen: "Damit es abschließend klar ist, ich möchte mit meinem gesamten Nachlass hierher nach Hombroich." Ihr Bühnenbildner Peter Papst betonte gleichfalls: "Ja, das wollen wir."
WZ: Was umfasst dieser Nachlass?
Petzold: Sie sagte, das seien alle Unterlagen und das gesamte Archiv ihrer Choreographien.
WZ: Wie sind die Bedingungen?
Petzold: Sie sagte wörtlich: "Ich suche eine Stätte, die mein Werk erhält und die es nicht nur lagert. Ich weiß, wie Karl-Heinrich Müller damit umgegangen ist. Und ich weiß, wie Sie damit umgehen würden. Deshalb möchte ich gern meinen Nachlass hier untergebracht wissen."
WZ: Haben Sie Platz, etwa für die Bühnenbilder?
Petzold: Pina Bausch hat eine Halle in Schwelm angemietet. Sie sagte, sie habe nichts dagegen, wenn die Bühnenbilder extern gelagert werden. Dann erklärte sie abermals: "Ich möchte nur, dass jemand Hand an diese Dinge legt, wie ich es gern habe, von den Kostümen bis zu den Choreographien und Dokumenten."
WZ: Wie kam das Gespräch auf das Haus für Musik?
Petzold: Wir haben es gemeinsam besichtigt und locker darüber gesprochen, dass wir auch Begriff und Inhalt mit Haus für Tanz und Musik definieren können.
WZ: Was hat Grosse-Brockhoff dazu gesagt?
Petzold: Er finde es großartig und wolle ihren Wunsch mit allen Mitteln unterstützen. Die Initiative ist ja von ihr ausgegangen.
WZ: Wie weit sind Sie denn mit dem Haus für Musik oder gegebenenfalls für Tanz und Musik?
Petzold: Es werden jetzt Treppen und Brücken eingebaut. Als nächstes wird noch in diesem Jahr das Haus von innen und außen gegen Wassereinbruch abgedichtet. Wir haben bisher 1,6 Millionen Euro in das Projekt gesteckt. Wir brauchen aber noch zwei Millionen Euro.
WZ: Woher nehmen Sie die?
Petzold: Wir bekommen für den Bau insgesamt einen Zuschuss von 60 Prozent, und zwar 50 Prozent vom Land und je fünf Prozent von der Stadt Neuss und dem Kreis. Um die restlichen 40Prozent zu bedienen, werden wir Objekte aus der Sammlung Karl-Heinrich Müller verkaufen, die nicht ausgestellt worden sind. Wenn wir die Schätze von Pina Bausch schneller aufnehmen müssten, könnten wir Hallen oder Häuser frei machen oder das Architekturmuseum, das vor der Eröffnung steht, frei machen.
WZ: Und wenn sich die Stadt Wuppertal meldet und das Erbe gern haben möchte?
Petzold: Die Frage können wir nicht beantworten, da wir nicht Herr des Verfahrens sind. Wir wissen nicht, welche schriftlichen Informationen Frau Bausch hinterlassen hat, um ihr Vermächtnis zu bewahren.