Grande Dame des Theaters Schauspielerin Inge Keller gestorben

Berlin (dpa) - Ihre aristokratisch anmutende Haltung brachte ihr den Titel „diensthabende Gräfin der DDR“ ein. Inge Keller zog mit ihrer feinen Sprechkultur, die jedem von ihr gesprochenen Wort Glanz und Schliff verlieh, die Theaterzuschauer in ihren Bann.

Foto: dpa

„Die Keller“ war ein echter Star - auch wenn sie das selbst gar nicht so gern hörte. „Ach, Stars. Die werden doch heute unentwegt an den Himmel geschossen und fallen ganz schnell wieder runter vom glitzernden Firmament der Scheinwelt industrieller Unterhaltung“, sagte sie einmal. „Das bin ich nicht. Ich bin eine Schauspielerin.“

Am Montag starb die Grande Dame der Bühnenkunst im Alter von 93 Jahren in einem Berliner Alten- und Pflegeheim, wie der Deutschen Presse-Agentur aus dem Bekanntenkreis von Keller bestätigt wurde. Zuvor hatte die Zeitung „Neues Deutschland“ darüber berichtet.

Bereits mit 19 Jahren stand die im bürgerlichen Friedenau aufgewachsene Berlinerin auf der Bühne. Keller debütierte 1942 im Theater am Kurfürstendamm, nach mehreren Stationen ging sie 1950 an das Deutsche Theater Berlin, an dem sie bis 2001 festes Ensemblemitglied war und anschließend als Gast auftrat.

Keller, die gerne als eine der letzten großen Theaterdiven bezeichnet wurde, arbeitete mit Regisseuren wie Wolfgang Langhoff, Peter Stein, Thomas Langhoff, Harry Kupfer, Robert Wilson, Einar Schleef und Michael Thalheimer zusammen.

Am Deutschen Theater fesselte Keller das Publikum in großen Rollen wie der „Iphigenie“, der Mascha in „Drei Schwestern“, der Elmire in „Tartuffe“ und der Frau Alving in „Gespenster“. Der DEFA-Film in der DDR tat sich schwer mit der Charakterdarstellerin, die immer eine von den ostdeutschen Kulturfunktionären als westlich empfundene Eleganz ausstrahlte.

Das Fernsehen der DDR aber übertrug mehrfach ihr wichtige Rollen. Sie spielte in „Gewissen in Aufruhr“ (1961), „Kleiner Mann - Was nun?“ (1967) und „Effi Briest“ (1970). „Schade nur“, so Inge Keller einmal, „dass ich zu selten als Komikerin gefordert wurde.“

In den 70er und 80er Jahren gastierte die Schauspielerin in West-Berlin an der Schaubühne und am Renaissance-Theater. Auch im vereinigten Deutschland nahm sie Rollen in Kino- und Fernsehfilmen an, darunter in „Aimée und Jaguar“, „Lola + Bilidikid“, „Wilsberg“ und der Verfilmung der Krimis von Donna Leon um den beliebten Commissario Brunetti. Auf der Theaterbühne begeisterte Inge Keller noch ihm hohen Alter als „Tilla“ - in einem Stück über die Schauspiellegende Tilla Durieux.

Inge Keller heiratete 1952 den späteren Politkommentator im DDR-Fernsehen Karl-Eduard von Schnitzler („Der Schwarze Kanal“). Aus der nach nur wenigen Jahren geschiedenen Ehe ging Tochter Barbara Schnitzler hervor, die ebenfalls Schauspielerin wurde. Barbara Schnitzler war es auch, die im Jahr 2013 den Theaterpreis Der Faust für ein Lebenswerk stellvertretend für ihre Mutter entgegennahm, weil Inge Keller aus gesundheitlichen Gründen nicht kommen konnte. Mit ihrem psychologisch genauen und sprachmächtigen Spiel habe Inge Keller in beiden Teilen Deutschlands Theatergeschichte geschrieben, hieß es damals.