Auszeichnung Carl Laemmle-Preis für Produzentin Regina Ziegler

Berlin/Laupheim (dpa) - Für lange Partynächte hat Regina Ziegler nach eigenem Bekunden ein bewährtes Durchhalterezept: Tomatensaft mit Pfeffer, Zitrone und Eiswürfeln.

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Allerdings wird die Grande Dame der deutschen Filmproduktion am 16. März vielleicht ja eine Ausnahme machen und sich mindestens ein Gläschen Champagner gönnen. Verdientermaßen: An diesem Tag wird die 74-Jährige von der Allianz Deutscher Film- und Fernsehproduzenten für ihr bisheriges Lebenswerk geehrt. Es umfasst rund 500 Filme.

Die jüngste ihrer oft Aufsehen erregenden Produktionen ist der ARD-Zweiteiler „Gladbeck“ über das Geiseldrama, das vor 30 Jahren die Bundesrepublik erschütterte. Zur langen Liste ihrer Kinoerfolge gehören Filme wie „Return to Montauk“ von Regisseur Volker Schlöndorff, „Solo für Klarinette“ (Nico Hofmann), „Chapeau Claque“ (Ulrich Schamoni) oder „Korczak“ (Andrzej Wajda). Im ZDF glänzten Ziegler-Produktionen wie das Nachkriegsdrama „Die Wölfe“ (2009) und bei der ARD die DDR-Serie „Weissensee“ (2010).

Zieglers Trophäenschrank ist gut gefüllt - darunter der Grimme-Preis, das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse, ein Emmy Award und der American Cinema Foundation Freedom Award. Doch der nach Carl Laemmle benannte Preis ist auch für sie eine besondere Auszeichnung. Mit 17 Jahren war der 1867 im oberschwäbischen Laupheim geborene Sohn eines jüdischen Viehhändlers die USA ausgewandert und brachte es dort vom Laufburschen zu einem der mächtigsten Studiobosse Hollywoods.

Als Ziegler im Januar von der Ehrung erfuhr, war sie gerade in New York. Dort war Laemmle 1884 mit einem Auswandererdampfer aus Bremerhaven angekommen war. „Deutsch-amerikanischer geht es gar nicht“, sagte Ziegler. „An diesem Ort zu erfahren, dass man zur Trägerin eines Preises geworden ist, der nach dem berühmten Deutsch-Amerikaner Carl Laemmle benannt ist.“

Der Preis für Ziegler ist der zweite, nachdem die Auszeichnung im vorigen Jahr erstmals vergeben wurde - an den ebenfalls in Hollywood erfolgreichen deutschen Filmproduzent, Regisseur und Drehbuchautor Roland Emmerich.

Über mindestens eine der herausragenden Eigenschaften Laemmles verfügt auch Ziegler: Mut zum Risiko. Die 40 000 Euro, mit denen der Preis in Form eines Lämmchens dotiert ist, sind natürlich eine Stange Geld. Aber zugleich fast nichts im Vergleich zu dem, was die am 8. März 1944 in der Harz-Stadt Quedlinburg als Tochter einer Journalistin und eines Brunnenbauers geborene Produzentin oft für die Verwirklichung von Filmprojekten riskierte.

In den Anfangsjahren nannte sie sich selbstironisch „die Minus-Millionärin“. Nach einem abgebrochenen Jurastudium, einer Ausbildung zur Wirtschaftsdolmetscherin für Englisch und einigen Jahren als Produktionsassistentin beim Sender Freies Berlin (SFB) wagte Ziegler 1973 den Sprung in die Selbstständigkeit.

Mit geliehenem Geld produzierte sie als 29-Jährige ihren ersten Film: „Ich dachte, ich wäre tot“ in der Regie von Wolf Gremm (1942-2015). Ihr späterer Ehemann zählte zu den wichtigsten deutschen Autorenfilmern.

„Faszinierende Leidenschaft“ und „charmante Beharrlichkeit“ hätten Ziegler stets ausgezeichnet, sagt Martin Moszkowicz, Chef der Constantin Film AG und Vorsitzender der Laemmle-Jury. Als erste Filmproduzentin Deutschlands war sie in einer von Männern dominierten Branche angetreten, die noch mehr als vier Jahrzehnte von der stürmischen MeToo-Debatte entfernt war. Sie habe sich „mit unerschütterlichem Willen“ durchgesetzt, lobt Christoph Palmer, Chef der Produzentenallianz.

Dass Ziegler auch international zu den Großen ihrer Branche gehört, wurde spätestens 2006 demonstriert: Das Museum oft Modern Art (MoMA) in New York würdigte ihr Schaffen mit einer Retrospektive. Unter den deutschen Filmemachern war diese Ehre außerdem nur Rainer Werner Fassbinder (posthum) zuteil geworden. Ziegler war zugleich die erste Produzentin weltweit mit einer eigenen MoMA-Retrospektive.

Für die Preisgala im Schloss der Laemmle-Geburtsstadt haben sich eine Reihe von Kino- und Fernsehstars angesagt. Kein Wunder: Ziegler arbeitete im Laufe der Jahrzehnte mit renommierten Filmschaffenden; zugleich verhalf sie noch kaum bekannten Schauspielerinnen und Schauspielern zum Durchbruch.

Auch mit 74 denkt die Produzentin nicht ans Aufhören. Zur ihren aktuellen Projekten gehören Verfilmungen der Romane „Abgeschnitten“ und „Passagier 23“ von Sebastian Fitzek und die Kinoversion des Musicals „Ich war noch niemals in New York“ mit Hits von Udo Jürgens. Eine Autobiografie hat Ziegler 2017 veröffentlicht. Unter dem passenden Titel „Geht nicht gibt's nicht - Mein filmreiches Leben“.