Filmpreis Deutsche Oscar-Kandidaten: Kenia und Babelsberg fiebern mit
Los Angeles. Jetzt kann fast nichts mehr schief gehen: In einem schwarzen Umschlag mit goldener Aufschrift stecken die Eintrittskarten für die Oscar-Gala. Den hat die Regisseurin Katja Benrath beim traditionellen Empfang für die deutschen Oscar-Anwärter dabei.
In der historischen Villa Aurora, wo einst der Schriftsteller Lion Feuchtwanger wohnte, läuft man sich wenige Stunden vor der Oscar-Nacht warm. Die Lübeckerin, Absolventin der Hamburg Media School, hat auch ihr großes deutsch-kenianisches Team von dem Kurzfilm „Watu Wote/All Of Us“ dabei.
Der strengen Oscar-Akademie, die mit Eintrittskarten für die Gala gewöhnlich knausert, haben Benrath und Produzent Tobias Rosen 14 Tickets abgerungen. „Der Film war Team-Arbeit und vor allem keine rein deutsche Sache“, betont Rosen. „Watu Wote“ basiert auf einem Vorfall im Jahr 2015 an der Grenze zwischen Kenia und Somalia, als sich bei einem Terrorangriff von Islamisten auf einen Reisebus Muslime schützend vor Christen gestellt hatten. Recherchiert und gedreht wurde in Kenia.
„Ganz Kenia wird sich die Oscars anschauen“, jubelt die Hauptdarstellerin Adelyne Wairimu bei ihrem ersten Besuch in Hollywood. „Zum ersten Mal ist ein Film aus Kenia nominiert, wir machen Geschichte.“ Bis auf die letzte Minute geben Benrath und ihre Kollegen Interviews, knüpfen in Hollywood Kontakte, jetten von Empfang zu Empfang. „Da ist alles von Stress bis Spaß dabei“, meint die leicht erschöpfte Regisseurin.
Verschnaufpause für Jan Lachauer und Jakob Schuh im Garten der Villa Aurora, mit Blick über den Pazifik. „Das hier ist ganz entspannt, man fühlt sich kurz mal Zuhause in der Fremde“, sagt Schuh. Für die gebürtigen Münchner es ein Déjà-vu, beide waren früher schon einmal im Oscar-Rennen. Nun treten sie mit ihrem Trickfilm „Revolting Rhymes“ („Es war einmal...nach Roald Dahl“) in der Sparte „Animierter Kurzfilm“ an.
Den haben sie in den vergangenen zwei Wochen - zusammen mit den anderen vier nominierten Trickfilmteams - pausenlos in Studios in Kalifornien gezeigt. „Das war total freundschaftlich und kein Wettkampf. Es sind alles starke Filme, wer immer den Oscar gewinnt, das ist total in Ordnung“, meint Schuh.
Nach zwei Tagen Regen scheint am Vortag der Gala wieder die Sonne. „Wir haben den Regen abgeschaltet“, witzelt Oscar-Anwärter Gerd Nefzer (52). Tatsächlich hat der gebürtige Schwabe in der Branche den Ruf als „Wettermacher“ weg. Für den Film „Blade Runner 2049“ hat er die Spezialeffekte gebastelt. Nebel, Regen, Schnee und Stürme waren seine Spezialaufgaben. Ehefrau Regina geht zur Oscar-Verleihung mit.
Wenige Stunden vor dem Lauf über den roten Teppich ist das schwäbische Paar noch ganz locker drauf. „Die Bafta-Preise in London waren schon die Generalprobe“, meint Regina Nefzer. Bei der Preisverleihung in London hatten Nefzer und seine drei Kollegen gewonnen. Und den Oscar? „Verdient hat er ihn“, meint die Ehefrau. „Der ist jeden Tag zwölf Stunden bei der Arbeit und am Dienstag muss er gleich schon wieder drehen“.
Mit dem Thriller „Dragon Tattoo - The Girl in the Spider's Web“ der Sony Studios steht das nächste Großprojekt an. Nefzers Crew in Potsdam-Babelsberg hat zuvor allerdings eine schlaflose Nacht. „Mein ganzes Team wird in der Oscar-Nacht wach sein und die Daumen drücken“, davon ist der Spezial-Effekte-Meister fest überzeugt. dpa