Ein Goldener Bär für „Schwarze Kohle“

Das asiatische Kino hat insgesamt vier Preise abgeräumt. Auch ein deutsches Geschwisterpaar hat Grund zur Freude.

Foto: THOMAS PETER

Berlin. Der Goldene Bär für einen harten, düsteren Krimi aus China — mit dieser Entscheidung überraschte die Jury der 64. Berlinale am Samstagabend. „Schwarze Kohle, dünnes Eis“ („Bai Ri Yan Huo“) von Yinan Diao ist ein im Stil des Film noir gedrehter Thriller um die Aufklärung mehrerer brutaler Morde. Die Wahl der Jury, in der auch der zweifache Oscar-Gewinner Christoph Waltz und „James Bond“-Produzentin Barbara Broccoli saßen, fiel damit ziemlich untypisch aus.

Normalerweise stehen Werke mit sozialkritischer Botschaft oder ungewöhnlichem Regiekonzept bei Jurys der Internationalen Filmfestspiele in Berlin hoch im Kurs — da hätte es abgesehen von dem Publikumsfavoriten „Boyhood“ von US-Regisseur Richard Linklater im Wettbewerb viel Auswahl gegeben.

And the winner is . . . Die Bären-Träger der Berlinale 2014
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„Ich war nicht so mutig, mir das vorzustellen“, sagte Regisseur Yinan Diao auf die Frage, ob er denn mit dem Goldenen Bären gerechnet hätte. Und nicht nur der Hauptpreis ging an „Schwarze Kohle, dünnes Eis“. Hauptdarsteller Fan Liao, der einen auf eigene Faust ermittelnden Ex-Polizisten spielt, nahm den Silbernen Bären als bester Schauspieler entgegen. „Gestern war mein 40. Geburtstag. Das ist das schönste Geschenk, das Sie mir geben können“, sagte er.

Fan Liao, Gewinner des Silbernen Bären für den besten Schauspieler

Mit insgesamt vier Preisen ist das asiatische Kino der große Gewinner der 64. Berlinale. Neben den beiden Trophäen für „Schwarze Kohle, dünnes Eis“ gab es eine weitere Ehrung für China: Kameramann Jian Zeng erhielt einen Silbernen Bären für seine Bilder zu dem Drama „Blinde Massage“ („Tui Na“) über die blinden und sehbehinderten Angestellten in einem Salon für medizinische Massagen.

Der Gewinnerfilm „Schwarze Kohle, dünnes Eis“ zeichnet ein finsteres Bild vom Alltag im gegenwärtigen China: Gefühle zählen in der verästelten Detektivgeschichte nicht. Es geht um Mord, Rache, Liebe und Sex. Der Filmtitel spielt auf entscheidende Schauplätze an: Kohletransporter und eine Eislaufbahn. „Manche Verbrechen wirken auf mich wie Spiegel unserer Gegenwart“, so der Regisseur.

Zugleich betonte er in Berlin: „Eine besondere politische Bedeutung hat der Film nicht.“ Bezüge zu konkreten Ereignissen hat der Film nicht. Allerdings gestand Yinan Diao ein: „Als wir das Drehbuch 2005 geschrieben haben, gab es einige Kriminalfälle in China, die uns sicherlich beeinflusst haben.“ Für eine Mordszene mit Schlittschuhen braucht der Zuschauer starke Nerven.

„Das Abschneiden chinesischer Filme bei internationalen Filmfestivals war bislang betrüblich, aber in einer solchen Nacht fühlen wir uns stolz und ermutigt“, kommentierte am Sonntag das populäre chinesische Webportal Sohu.com.

Große Freude gab es auch bei den Deutschen. Die Geschwister Anna und Dietrich Brüggemann holten für das Drama „Kreuzweg“ über religiösen Fanatismus den Silbernen Bären für das beste Drehbuch. Ein verdienter Preis für das an den 14 Stationen des Kreuzweges von Jesus Christus orientierte Werk.

„Es war für uns so wichtig, diesen Film zu machen“, sagte Anna Brüggemann. Die Auszeichnung sei eine Ermutigung, weiter Filme zu drehen, meinte ihr Bruder.