Fiktive Doku „Jonas“: Christian Ulmen als Schüler
Berlin (dpa) - Christian Ulmen ist ein Tausendsassa: Nicht nur ist die berufliche Bandbreite des ehemaligen MTV-Moderators beeindruckend, auch seine Rollen reichen von „Herrn Lehmann“ bis zu Knut Hansen, einer der vielen unsympathischen Charaktere in der Reality-Serie „Mein neuer Freund“.
In seinem aktuellen Film „Jonas“ schlüpft er nun in einen ganz anderen Part: Äußerlich stark verjüngt geht er mit über 30 Jahren noch mal zur Schule. Herausgekommen ist eine spannende Mischung aus Fiktion und Dokumentation.
Jonas ist 18 Jahre und bisher schulisch nicht vom Erfolg verwöhnt. Nach mehrmaligem Sitzenbleiben bleibt ihm nur noch eine Chance, einen höheren Abschluss zu absolvieren, und er versucht sein Glück an der Paul-Dessau Schule im brandenburgischen Zeuthen. In dieser Rolle wurde Grimme-Preisträger Christian Ulmen sechs Wochen lang von einem Kamerateam durch seinen Schulalltag begleitet, mit echten Schülern, Lehrern und Logarithmusaufgaben. Unterfüttert wird dies mit einigen Handlungssträngen: Jonas gründet nicht nur eine Schülerband, er verliebt sich in seine Musiklehrerin und macht ihr charmante, wie unbeholfene Avancen.
Der unter der Regie von Robert Wilde entstandene Film ist damit ein interessanter Hybrid zwischen Spielfilm, Reality-Show und Dokumentation. Denn bis auf Christian Ulmen bedient sich der Film keiner Schauspieler, alles soll so authentisch wie möglich wirken - auch wenn nicht immer klar ist, ob das nun inszeniert ist oder nicht. Auch ob Ulmen seinen Mitschülern wirklich unbekannt blieb, muss offenbleiben, schließlich kommt nicht jeder neue Schüler gleich mit einem Kamerateam in die Klasse. Doch ist er in jedem Moment so sehr Jonas, dass Agierende wie Zuschauer ihn schon bald für einen ganz natürlichen Teil dieses spannenden Versuches halten.
Die große Leistung des Filmes ist dabei nicht nur, dass man sich bewusst eine eher unaufgeregte Schule im Berliner Speckgürtel ausgesucht hat und damit jeder Rütli-Skandalösität aus dem Wege ging, sondern auch die schauspielerische Leistung Ulmens. Mit der gewohnten schonungslosen Direktheit und Naivität treibt er Schüler wie Lehrer dazu, so offen wie möglich zu agieren, ohne sie dabei bloßzustellen.
„Jonas“ ist wohl einer der intelligentesten deutschen Filme der letzten Jahre, weil er aus freien Stücken auf jede Aufgeregtheit und Realiy-Soap-Lärmigkeit verzichtet. Vielmehr zeigt er den nicht minder interessanten Alltag vieler deutscher Ortschaften: von der Mathenachhilfe bis zum Party-Parkplatz vor der lokalen Trinkhalle. Die immer wieder eingespielte Hymne „Was hat dich bloß so ruiniert?“ der Hamburger Band Die Sterne wird dabei zur ironischen Brechung: Christian Ulmen zeigt mit „Jonas“ den ganz normalen, menschlichen und hoffnungsvollen Alltag einer ganz normalen Schule.