Johnny Depp - Bizarrer Auftritt beim Filmfest Venedig
Venedig (dpa) - Es wirkt wie ein öffentlicher Absturz eines Kinohelden: Johnny Depp, einer der bestbezahlten Schauspieler Hollywoods und Star von Blockbustern wie „Fluch der Karibik“, liefert beim Filmfest Venedig einen höchst bizarren Auftritt ab und sorgt damit für wilde Spekulationen.
Immerhin gibt es schon seit einiger Zeit Gerüchte um Alkoholexzesse - und tatsächlich scheint der 52-Jährige am Freitag in Venedig etwas zu lallen. Die Flasche in seiner Hand könnte ebenfalls dafür sprechen, auch wenn Depp versichert: „Das ist ohne Alkohol“.
Seine Fans hält das nicht von Begeisterungsstürmen ab. Schon Stunden vor der Premiere am Abend harren viele von ihnen am roten Teppich aus, andere warten in der Nähe des Medienzentrums, um vor der Pressekonferenz ein Autogramm zu ergattern. Auf den ersten Blick mag er dann auch lustig wirken, gut gelaunt. Doch seine Antworten auf die Fragen der Journalisten wirken fahrig, unkonzentriert. Und wenn seine Ko-Stars Dakota Johnson („Fifty Shades of Grey“) und Joel Edgerton reden, hört Depp nicht richtig zu, sondern fummelt am Mikrofon herum, streicht sich durch die Haare, tuschelt mit Regisseur Scott Cooper.
Eigentlich sollte es bei all dem um Depps aktuellen Film „Black Mass“ gehen, in dem er einen Unterweltboss gibt - wunderbar verwandelt mit Halbglatze, schmierigem Resthaar, dicklichem Hintern und schlechter Haut. Das Werk basiert auf wahren Figuren: Im Mittelpunkt steht James „Whitey“ Bulger (Depp). Im Boston der 1970er Jahre ist er ein Krimineller mit eigener, kleiner Gang.
Als das FBI ihm dann einen Deal anbietet, als Informant gegen die italienischen Mafiosi der Stadt zu arbeiten, erkennt er seine Chance. Denn wenn er seine Konkurrenten an die Beamten verrät, schützt ihn das FBI nicht nur, sondern räumt ihm auch noch seine Gegner aus dem Weg. Über Jahre hinweg baut Bulger so sein Imperium aus und wird selbst zum größten Gangster der Stadt.
Johnny Depp dominiert dabei den außer Konkurrenz gezeigten Film als brutaler Mafioso und geschickter Verhandler, der für sein Ziel sprichwörtlich über Leichen geht. Wirklich neu ist diese Figurenzeichnung allerdings nicht, die Regisseur Cooper da von dem Gangster anlegt. Auch andere Charaktere bleiben bei dieser Inszenierung eher schwach, selbst wenn sie so prominent besetzt sind wie mit Benedict Cumberbatch („The Imitation Game“) als Bruder oder Dakota Johnson (25) als Ehefrau von Bulger.
Der Unterschied zum Wettbewerbsbeitrag „Francofonia“ könnte nicht größer sein. In der deutschen Koproduktion kreiert der Russe Alexander Sokurow ein spannendes, traumartiges Kaleidoskop rund um den Pariser Louvre: Ausgehend von der NS-Besatzung der französischen Hauptstadt im Jahr 1940 driftet Sokurow durch die Geschichte von Paris und ganz Frankreich.
Dabei schafft er es sogar, große Fragen zu stellen: Was ist eine Stadt ohne Kunst wert? Wie konnte sich Kunst entwickeln? Und welche Rolle spielten Kunstraube? Schon 2011 gewann Sokurow für sein experimentell inszeniertes Drama „Faust“ den Goldenen Löwen in Venedig. So euphorisch wie er am Freitag in der Lagunenstadt gefeiert wurde, könnte schon bald ein weiterer Preis hinzukommen.