Kurzfilme in Zeiten von Youtube und Co.
Die Kölner Professorin für Filmgeschichte Lisa Gotto sieht in der Digitalisierung eine Chance.
Köln/Oberhausen. Zum 60. Mal locken die Kurzfilmtage in diesem Jahr das Publikum nach Oberhausen. Doch wie zeitgemäß ist das Festival? Im Interview spricht die Kölner Filmexpertin Lisa Gotto (Foto: dpa) über aktuelle Trends und die Zukunft von Kurzfilmen.
Frau Gotto, Anfang Mai starten die 60. Oberhausener Kurzfilmtage. Warum sind solche Festivals in Zeiten von Youtube noch wichtig?
Lisa Gotto: Zum einen ist die große Leinwand ein Präsentationsraum, den nur das Kino anbieten kann, das Netz nicht. Der zweite Grund ist das kollektive Erleben. Das Publikum rezipiert den Film gemeinsam im Moment seiner Projektion, nicht zeitlich flexibel und verteilt wie auf Web-Plattformen.
Ist YouTube eine Konkurrenz zum Kurzfilm?
Gotto: Kurzfilme verfügen über eine enorme Variationsvielfalt. Im Zeitalter der Digitalisierung kann jeder zum Filmemacher werden, da der technische Aufwand gering ist und die Produktionsmittel für alle verfügbar sind. Youtube ist zu einer grandiosen Experimentierfläche für filmische Ausdrucksformen geworden. Aber es gibt auch weiterhin Kurzfilme, die für die große Leinwand gemacht sind, und das kann man ihnen ansehen.
Kehrt der Kurzfilm ins Kino zurück?
Gotto: Es gab eine Zeit, da war der Kurzfilm ein Vorfilm des langen Films. Die Vorfilmfunktion können wir heute noch bei Pixar sehen, wo regelmäßig Kurzfilme produziert und im Kino vorgeführt werden. Es gibt also durchaus Anlass zu der Hoffnung, dass der kurze Film wieder verstärkt ins Kino zurückkommt und dort ein Revival erlebt.
Welchen Stellenwert haben denn die Internationalen Oberhausener Kurzfilmtage?
Gotto: Sie gehören zu den ältesten Kurzfilmfestivals der Welt. Oberhausen verfügt über ein enormes Kurzfilm-Archiv und einen nicht-kommerziellen Kurzfilm-Verleih. Die Kurzfilmtage stehen in der Tradition eines kultur- und bildungspolitischen Auftrags. Von dort gingen wichtige Impulse für den Film als förderungswürdiges Kulturgut und als künstlerisch innovative Ausdrucksform aus.