Nach dem "Tatort" online auf Mörder-Jagd
Erstmals suchen „Tatort“-Zuschauer selbst den Täter. Voraussetzungen: Internet und Geduld bei technischen Pannen.
Düsseldorf. Zwei Leichen, die „Tatort“-Ermittlerin als Geisel und kein Mörder — 8,37 Millionen Zuschauer folgten Kommissarin Lena Odenthal und ihren Entführern am Sonntagabend auf der Flucht durch den Pfälzerwald.
Wer den SWR-Streifen „Der Wald steht schwarz und schweiget“ aus Ludwigshafen gesehen hat, saß am Ende mit einem Verdacht gegen fünf junge Männer auf dem heimischen Sofa. Wenn keiner der Jungs aussagt, wird der Mörder nicht ermittelt. Punkt.
Wer darüber hinaus mit kriminalistischem Gespür ausgestattet ist, kann weiter auf Verbrecherjagd gehen. Denn zum ersten Mal in der 40-jährigen „Tatort“-Geschichte ist ein Film als „Tatort plus“ angelegt: Über soziale Netzwerke oder die ARD-Homepage können Verhöre geführt, Obduktionsberichte angefordert oder Zeugen befragt werden.
Bis Montag, 12 Uhr lockte das Spiel bereits 35 000 Krimi-Fans an. Doch bei vielen folgte Ernüchterung. Lange Ladezeiten, Fehlermeldungen, Serverüberlastung — man könnte meinen, die Online-Redaktion des Südwestrundfunks (SWR), die das Spiel konzipiert hat, möchte die Polizeiarbeit an Tausenden deutschen Schreibtischen behindern.
Bereits kurz nach Ende der Ausstrahlung am Sonntagabend brachen die Server zusammen. Mehr als 20 000 Online-Ermittler wollten zeitgleich mit der Spurensuche loslegen. Das zwang die Technik in die Knie. „Wir arbeiten mit Hochdruck daran, die Fehler zu beheben“, sagte am Montag Marion Dilg aus der SWR-Online-Redaktion. Sie hat das Spiel mitentwickelt. „Wir haben Hinweise aus dem Film aufgegriffen und die Geschichte weiter gesponnen.“
Dennoch bleibt niemand außen vor, wenn er das Spiel nicht mitmacht. „Das Drehbuch von Dorothee Schön war fertig, bevor die Idee zum Spiel entstand, und ist eine in sich geschlossene Geschichte ohne klassische Mörder-Jagd.“ Die Stimmung der Facebook-Gemeinde reicht von „nette Idee mit dem Spiel“ bis zu „ans Ende eines Tatortes gehört die Entlarvung des Mörders“.
Bis Sonntag 20.15 Uhr geht das Rätsel weiter. Dann gibt es die Auflösung des Netz-Spiels: online. Ob weitere Projekte dieser Art folgen, ist ungewiss. „Konkret ist nichts geplant. Nicht jedes Drehbuch bietet sich an“, sagt Dilg für den SWR. Ob interaktiv ermittelt wird, entscheiden jeweils die regionalen Redaktionen.