Pionier des iranischen Films: Abbas Kiarostami gestorben

Teheran/Paris (dpa) - Er lenkte den Blick des Auslands auf das iranische Kino, gewann Auszeichnungen in Cannes und Venedig: Mit 76 Jahren ist Abbas Kiarostami, einer der berühmtesten Filmemacher seiner Heimat, in Paris gestorben.

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Die Nachricht von seinem Tod löste im Iran Trauer und Bestürzung aus. „Seine tiefsinnige und unkonventionelle Einstellung und seine Botschaft für Frieden und Freundschaft wird uns immer in Erinnerung bleiben“, schrieb Präsident Hassan Ruhani auf Twitter.

Kiarostami starb am Montag nach mehrmonatiger Krankheit, wie das iranische Kulturinstitut Haus des Kinos am Dienstag bestätigte. Der Regisseur litt seit Ende März an Magen-Darm-Krebs und war in einem Krankenhaus in Teheran bereits zweimal operiert worden. Im Mai wurde er entlassen, um die Behandlungen in Frankreich fortzusetzen. Nach Angaben der Nachrichtenagentur ISNA soll er in Teheran beigesetzt werden.

Der 1940 in Teheran geborene Regisseur machte mit seiner Spielfilm-Trilogie um ein Dorf im Iran „Wo ist das Haus meines Freundes“ (1987), „Und das Leben geht weiter“ (1991) sowie „Quer durch den Olivenhain“ (1994) international auf sich aufmerksam.

Bei den Filmfestspielen in Cannes erhielt er 1997 die Goldene Palme für seinen Film „Der Geschmack der Kirsche“ - die Geschichte eines Suizids, die zugleich ein glühendes Plädoyer für Leben und Freiheit ist. Die Präsentation des Films in Cannes hatte das Regime in Teheran zunächst verhindern wollen. Für ein Küsschen mit der französischen Schauspielerin Catherine Deneuve bei der Preisverleihung handelte er sich bei Fundamentalisten zuhause erneut Ärger ein. Zwei Jahre später holte Kiarostami bei den Filmfestspielen von Venedig den Großen Preis der Jury für „Der Wind wird uns tragen“.

Für ihre Rolle in seinem 2010 in Cannes vorgestellten Film „Copie Conforme“ (Die Liebesfälscher) erhielt Juliette Binoche den Preis als beste Schauspielerin. Kiarostami setzte sich damals in Cannes mit einem bewegenden Aufruf für die Freilassung des damals in seiner Heimat inhaftierten iranischen Regisseurs Jafar Panahi ein. „Ich habe das getan, weil man es von mir erwartet hat, und auch ich selber habe es von mir erwartet - ein Kollege von mir war in Schwierigkeiten, ich musste etwas für ihn tun“, sagte er wenig später in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur in München, wo er den Ehrenpreis des Filmfestes München erhielt.

Er stellte aber auch klar: „Natürlich habe ich privat eine Meinung, ich beziehe Stellung, aber meine Filme sollen nicht mit politischen Themen und Nachrichten verunreinigt werden. Ich glaube, je mehr die Kunst sich auf alltägliche Dinge einlässt, umso mehr verliert sie ihre Originalität oder ihr Wesen.“

Seine Kollegen im Iran würdigten Kiarostami. „Du warst der Fahnenträger des iranischen Films im Ausland und wirst als Pionier in die Geschichte eingehen“, sagte Schauspieler und Cannes-Preisträger Shahab Hosseini. Auch der Leiter des iranischen Filmmuseums reagierte bestürzt. „Das war ein Schock, der die iranische Kunstszene noch lange begleiten wird“, sagte Mohammad Jejdari.

Kiarostami begann seine Karriere zunächst mit Kurzfilmen. Der Film „Der Reisende“ von 1974 machte ihn erstmals bekannt und wurde mit mehreren Preisen ausgezeichnet. Nach der iranischen Revolution 1979 blieb Kiarostami, der auch als Lyriker arbeitete, im Land und setzte von dort aus seine Arbeit als Filmemacher fort. Er hatte damals zwar, wie viele andere persische Künstler, die Möglichkeit, ins Ausland zu gehen, entschied sich aber zu bleiben, weil er sich nach eigenen Angaben in der Heimat künstlerisch besser entwickeln konnte. In den letzten 20 Jahren war er aber auch in Frankreich zuhause.