Preview: „Polizeiruf“-Kommissare geraten in den Sog krankhafter Liebe
Wenn Leidenschaft Menschen den Verstand raubt, kann das in blutigem Sadismus enden. Der Rostocker Krimi ist diesmal sehr düster.
Rostock (dpa). Wer am heutigen Sonntag zur Krimizeit um 20.15 Uhr die ARD einschaltet, könnte in den ersten Minuten denken, er sei in einem Horrorfilm gelandet. Schmutzige Gänge und Kellergewölbe sind zu sehen. Im Halbdunkel ein gefesselter Mann in schmutziger Unterwäsche.
Der Gefangene trägt einen eisernen Maulkorb, der die Zunge fixiert. Er befreit sich mit dem Mut der Verzweiflung. Vergebens. Eine schmale Gestalt mit Kapuzenmütze ist flinker, sie schneidet dem Fliehenden die Zunge heraus. Das Opfer kann sich gerade noch zu einem Taxi schleppen, im Wagen verblutet der Mann an der grausigen Verletzung in seinem Mund.
Die „Polizeiruf 110“-Kommissare Alexander Bukow (Charly Hübner) und Katrin König (Anneke Kim Sarnau) haben einen neuen Fall: „Liebeswahn“ heißt die düstere Episode des Rostocker Ermittlerduos. Der Getötete war ein Lehrer. Die Spur führt die zwei Ermittler in die Sado-Maso-Swingerszene.
Doch der eigenartige Fall ist nicht die einzige Sorge Bukows. In der Ehe mit seiner Frau Vivian (Fanny Staffa) kriselt es heftiger denn je. Was der Zuschauer schon bald weiß: Die so oft vernachlässigte Gattin des Kommissars steigt mit dessen Kollegen Volker Thiesler (Josef Heynert) ins Bett. Als Bukows Sohn einen schweren Asthmaanfall hat, ist die Ärztin Clara Fischer (Alma Leiberg, „Tatort - Trautes Heim“) Retterin in der Not. Immer wieder kreuzen sich die Wege des Polizisten mit der hübschen Klinikärztin. Alles nur Zufall?
Und dann ist da noch Martina Reuter, Ex-Freundin des getöteten Lehrers (Sandra Borgmann, „Tatort - Kaltblütig“). Sie soll in der SM-Szene Rostocks als begeisterte Quälerin aufgefallen sein. Sagt die spröde Frau alles, was sie weiß? Mit nächtlichem Telefonterror, mit Hunderten Rosen vor der Haustür und mit anonymen Briefen in Schreibschrift hält Psychoterror Einzug in den Alltag der Familie Bukow. Als dann auch die Kommissare selbst ins Visier der schattenhaften Gestalt geraten, zählt jede Sekunde.
Für Buch und Regie zeichnet in dem NDR-Krimi Thomas Stiller („Zwölf Winter“, „Tatort - Macht und Ohnmacht“) verantwortlich. Er wollte zeigen, dass manche Menschen in der Parallelwelt ihres Liebeswahns leben - aber im Alltag ganz normal funktionieren und ihrem Beruf nachgehen.
Zu den drastischen Szenen sagt er in einem Interview fürs Presseheft: „Ich habe vor Jahren mal eine Headline in einer Zeitung gelesen: "Mann mit Gartenschere Zunge abgeschnitten." So oder zumindest so ähnlich stand es da. So etwas bleibt dann lange in meinem Hirn kleben, und irgendwann findet es Eingang in meine Filme“, sagt Stiller. Auch der US-Horrorfilm „Saw“ aus dem Jahr 2004 habe ihn beeinflusst. Zugleich betont er: „Letztendlich sieht man ja eigentlich gar nichts. Die schlimmen Dinge finden nur im Kopf statt.“