Sektendrama „The Master“: Der Meister und sein verbissener Schüler
Philip Seymour Hoffmann und Joaquin Phoenix im esselnden Psychoduell.
Los Angeles. Der Name L. Ron Hubbard kommt in dem Sektendrama „The Master“ nicht vor. Auch nicht der Begriff Scientology. Aber die Parallelen mit der umstrittenen Organisation, die der Autor L. Ron Hubbard 1954 in den USA gründete, liegen auf der Hand. In dem packenden Drama von US-Regisseur Paul Thomas Anderson („There Will Be Blood“) verwandelt sich Oscar-Preisträger Philip Seymour Hoffman („Capote“) in einen charismatisch-herrischen Guru.
Er heißt Lancaster Dodd, doch seine Schüler nennen ihn nur „The Master“, den Meister. Wie Hubbard schart er im Nachkriegsamerika der 1950er Jahre Anhänger um sich. Mit Hypnose und intensiven Zweiergesprächen nimmt er sie in Beschlag. Das fiktive Epos ist weit davon entfernt, die Sekte anzuprangern. Vielmehr ist es ein Psychodrama über die Suche nach Zugehörigkeit, Machthunger und Abhängigkeit.
Mit ungeheurer Intensität verwandelt sich Joaquin Phoenix („Walk the Line“) in den traumatisierten Kriegsveteranen und einsamen Alkoholiker Freddie Quell, der betrunken eines Nachts auf die Jacht des Sektenführers stolpert. Vom blinden Passagier wird er zum blind er-gebenen Anhänger, dann zum Zweifler an den Methoden und Ideen des Lehrers.
Hoffman ist das kontrollierte Gegenstück zu dem animalisch- impulsiven Schüler. „Ich bin Schriftsteller, Arzt, Kernphysiker, theoretischer Philosoph, aber vor allem bin ich ein Mann, genau wie Sie“, trumpft er bei ihrer ersten Begegnung überheblich auf. Anderson packt auch homo-erotische Momente in die Beziehung der ungleichen Männer. Ihr fesselndes Psychoduell über 137 Minuten geht unter die Haut.