"Tatort"-Kritik "Tatort: Böser Boden": Angriff der Ökonazi-Zombies
Im neuen Tatort geht es um Fracking und Ökoaktivisten, Zombies und einen toten Iraner. Das klingt wesentlich spektakulärer als es am Ende ist.
Auf dem Land ist die Welt noch in Ordnung. Nicht so in Niedersachsen. Hier wird das Grundwasser eines Bauerndorfes voller „Ökonazis“ von dem Erdgasförderer „NorFrac“ mit Chemikalien verseucht. Diese Chemikalien haben die unangenehme Nebenwirkung, dass sie jeden, der mit ihr in Kontakt kommt in einen bissigen, emotionslosen Zombie verwandelt („Die sehen alle so aus, als würden sie das gleiche Handtuch benutzen.“). Am Rande dieses Szenarios wird eine Leiche gefunden. Bei dem Toten handelt es sich um Arash Naderi (Sahin Eryilmaz), der erst für kurzem aus dem Iran nach Deutschland geflohen ist und hier einen Job als Fahrer von „Norfrac“-Chemietransporten gefunden hat. Was wie das Drehbuch eines skurrilen B-Movie aus den 70ern klingt ist die Grundhandlung des NDR-Tatort „Böser Boden“.
Kommissar Torsten Falke (Wotan Wilke Möhring) hat eigentlich weder Zeit noch Lust sich um diesen Fall zu kümmern, denn sein Sohn Torben bereitet ihm Sorgen. In Hamburg ist dieser regelmäßig zu Besuch auf der Polizeiwache, allerdings nicht um seinen Vater zu besuchen. Aber Falke ist nicht der einzige mit schlechter Laune, eigentlich haben hier alle schlechte Laune. Durchgehend. Im gesamten Film wird nicht gelacht, nicht ansatzweise gelächelt und wenn es doch jemand wagt wird er direkt mit einem vernichtenden Blick von Julia Grosz (Franziska Weisz) bestraft. Diese zutiefst deprimierende, aber konsequente Ernsthaftigkeit ist es auch, die den absurden Zombie-Plot in ein typisches Tatort-Szenario versetzt und ihn nicht zum nächsten Hassobjekt für Tatort-Puristen macht.
Eingerahmt wird die wilde Zombiegeschichte durch Falkes Privatangelegenheiten, die ihn in der Regel wieder nach Hamburg treiben und dort gerät er dann auf der Suche nach seinem Sohn auf ein Konzert der Kölner Indie-Band AnnenMayKantereit. So zusammenhangslos dieser Auftritt auch in die Handlung eingewebt wurde, ist er doch ein positiver Leuchtturm in diesem erdrückenden Film.
Die Filmemacher wollten einen Film über Fanatismus drehen. Als Vorzeige-Fanatiker haben sie einen Hybrid aus „Blut und Boden“-Nazi und fanatischem Gutmenschen geschaffen. Durch die Chemikalien im Grundwasser werden sie noch fanatischer, sturer, dümmer. Polizisten werden zu Aktivisten. Umweltschützer zu Faschisten. Am Ende sind alle Beteiligten nur von Angst getrieben und die Täter sind die Kinder, die in diesem fanatischen Umfeld aufgewachsen sind.
Das klingt alles wesentlich spektakulärer als es ist, denn die abgedrehte Handlung wird in ein klassisches Tatort-Korsett gezwängt und lässt den ungewöhnlichen Einfällen kaum Raum zum atmen. Den Machern misslingt es so einen besonderen Tatort zu schaffen, über den auch noch in Wochen und Monaten gestritten und diskutiert werden kann. So bleibt er nur einer unter vielen.