X-Men: So kommt der Mutant zum Film
Regisseur Matthew Vaughn geht in „X-Men: Erste Entscheidung“ zu den Anfängen von Magneto und Dr. X zurück.
Comic-Verfilmungen bieten klare Weltbilder: Gut und Böse sind besetzt, und am Ende siegt der strahlende Held — kein Wunder, dass sie in einer immer komplexeren Welt gern gesehen werden. Mittlerweile bringen auch immer mehr genrefremde Regisseure Bewegung in diese Stoffe: Christopher Nolan mit „Batman“ und Kenneth Branagh mit „Thor“. Nun startet Matthew Vaughn — der Mann von Claudia Schiffer — eine neue X-Men-Trilogie, die auch stilistisch einen Neuanfang bringen soll.
Der Film geht zurück in die frühen 1960er Jahre. Der Kalte Krieg ist auf seinem Höhepunkt und die Kubakrise naht. In diesen Wirren starten zwei junge Männer ins Leben: Der verbitterte Erik Lehnsherr zieht in einen blutigen Feldzug gegen seine früheren nationalsozialistischen Peiniger, der smarte Charles Xavier kreist auf geistigen Höhenflügen über US-Elite-Universitäten.
Später werden sie die Namen Magneto und Dr. X annehmen. Denn der US-Geheimdienst verpflichtet sie als Mutanten mit besonderen Fähigkeiten. Und die brauchen sie bald. Denn ihr Widersacher Sebastian Shaw, einst KZ-Arzt unter dem Namen Schmidt, möchte Russland und die USA in einen Krieg treiben, um mit seinem Mutanten-Heer die Weltherrschaft zu erlangen.
Wie die Filme der Vorgängertrilogie wartet das Werk mit einer starken Besetzung auf: Michael Fassbender („Inglourious Basterds“) und James McAvoy („The Last King of Scotland“) sind ein großartiges Protagonisten-Paar, Kevin Bacon überzeugt als gemeiner Schurke, Jennifer Lawrence („Winter Bones“) ist mit und ohne Mutation sehenswert.
Regisseur Vaughn zeigte schon in der Comic-Satire „Kick Ass“, dass er sicher mit dem Thema umgehen kann. Und die Idee der Mutanten hat ihren zusätzlichen Reiz: Bislang glauben wir Menschen uns unangefochten auf dem Thron der Evolution, doch wie würden wir reagieren, wenn sich dies ändert?
Dazu bietet Vaughn eine Alternativ-Historie an: Waren es tatsächlich Kennedy und Chruschtschow, die 1962 den dritten Weltkrieg verhindert haben — oder jemand ganz anderes? Aber der Film lässt bei den jungen X-Men auch immer wieder komische Seiten aufblitzen und schmückt sich mit bunten Comic-Anspielungen.
Doch ist der Neustart gelungen? Leider nur teilweise. Vaughn schlägt die richtige Richtung ein und wendet sich von der allzu knalligen Machart der Vorgänger ab. Reine Action wird in eine flotte Mischung aus Fantasy und Geschichte überführt.
Trotzdem wirkt „X-Men: Erste Entscheidung“ auf den letzten Metern enttäuschend mutlos. Die Macher haben sich nicht getraut, den alten Bombast abzuwerfen. So verkleckern die wohlgemeinten Ansätze in einem pathetischen Effektfinale. Für die nächsten zwei Teile wünscht man sich, dass der Regisseur die „X-Men“ konsequenter weiterentwickelt.