„Zwei Leben“ geht ins Oscar-Rennen - „Oh Boy“ nicht

München (dpa) - Spätestens seitdem Florian Henckel von Donnersmarck 2007 mit seinem Stasi-Drama „Das Leben der Anderen“ den Auslands-Oscar holte, ist klar: In Hollywood steht man auf zeitgeschichtliche Stoffe aus Deutschland.

Und so schickt German Films, die Auslandsvertretung des deutschen Films, auch im kommenden Jahr wieder einen Film über die DDR-Vergangenheit ins Kino: „Zwei Leben“ von Regisseur Georg Maas geht ins Oscar-Rennen.

Der Film erzählt die auf wahren Begebenheiten beruhende Geschichte einer Deutschen, die in Norwegen lebt, nach dem Fall der Mauer aber von ihrer geheimen Stasi-Vergangenheit eingeholt wird. Erst Mitte September kommt er in Deutschland in die Kinos. Das Ticket nach Hollywood kommt den Machern zur Promotion also gerade recht. „Wir haben lange für diesen Film gearbeitet und freuen uns immens, dass "Zwei Leben" als deutscher Beitrag ins Rennen um den Oscar geht“, teilten Maas und die Produzenten mit.

„Der Film "Zwei Leben" überzeugt durch die Beleuchtung eines weitgehend unbekannten Strangs der deutschen Geschichte: der norwegischen Lebensborn-Kinder“, hieß es in München in der Jury-Begründung. „Das Erbe des Dritten Reichs verzahnt sich auf schuldige Weise mit den Machenschaften des Staatssicherheitsdienstes der DDR. Beeindruckend sind das intensive Zusammenspiel von Juliane Köhler mit Liv Ullmann und die ausdrucksstarke Kinematographie.“

Ob „Zwei Leben“ es unter die fünf Oscar-Nominierten in der Kategorie „Bester nicht englischsprachiger abendfüllender Kinofilm“ schafft, soll am 16. Januar 2014 feststehen, die große Oscar-Gala findet dann am 2. März statt. Zeitgeschichte aus Deutschland hat erfahrungsgemäß gute Chancen bei der US-amerikanischen Academy. Von zehn Filmen, die in den vergangenen Jahren von der Auslandsvertretung eingereicht wurden, hielt die Hälfte dem Urteil der gestrengen Jury stand und bekam dafür eine offizielle Oscar-Nominierung. All diese Beiträge setzten sich mit der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts auseinander.

Die deutsche Jury hat sich darauf eingestellt und reicht nahezu ausschließlich diese Stoffe ein. Christian Petzold hatte mit seinem DDR-Drama „Barbara“, einer Liebesgeschichte im einstigen Arbeiter- und Bauernstaat, zwar kein Glück und schaffte es nicht einmal auf die Shortlist. Den Auslands-Oscar gewann damals Michael Haneke mit „Liebe“ - eine deutsche Co-Produktion, aber ein österreichischer Film und für Österreich eingereicht.

Im Jahr 2003 holte Caroline Links „Nirgendwo in Afrika“ über eine jüdische Familie, die aus Nazi-Deutschland nach Kenia flieht, den dritten Oscar für den besten ausländischen Film nach Deutschland - nach Volker Schlöndorffs „Blechtrommel“ (1979) und István Szabós „Mephisto“ (1981). 2005 war Oliver Hirschbiegels „Der Untergang“ über Hitlers letzte Tage im Bunker nominiert. Nur ein Jahr später war es mit „Sophie Scholl - Die letzten Tage“ wieder ein Stoff aus der Zeit des Nationalsozialismus, 2007 dann der große Oscar-Erfolg für „Das Leben der Anderen“.

Im Jahr 2009 nominierte die Academy den RAF-Film „Baader Meinhof Komplex“, ein Jahr später Michael Hanekes „Das weiße Band“, das die Kindheit der Generation beschreibt, die später Adolf Hitler an die Macht bringen sollte. Das Leben einer Türkin im Deutschland von heute („Die Fremde“ von Feo Aladag) oder Fatih Akins „Auf der anderen Seite“ schienen die amerikanische Jury weniger zu interessieren.

Möglicherweise hätte dieses Schicksal auch dem preisgekrönten „Oh Boy“ (englisch für „Junge, Junge“ oder „Oh je“) von Jan Ole Gerster gedroht, der in seinem Debüt-Kinofilm in „Fänger im Roggen“-Manier einen jungen Mann (Tom Schilling) bei seiner ziellosen, grandios erzählten Herumstromerei durch das Berlin von heute begleitet. Eine Lola gab es dafür beim Deutschen Filmpreis. Ob auch die Jury in Hollywood Gefallen gefunden hätte am Leben im Berlin von heute - diese Frage bleibt nun unbeantwortet.