Ein Ikarus „ohne jede Kreativität“
Das bekannt Bruegel-Gemälde stammt doch von einem Kopisten.
Brüssel. Seit Jahren regten sich Zweifel an der Echtheit, nun belegt ein neues Gutachten: Das bekannte Gemälde „Der Sturz des Ikarus“ aus dem Königlichen Kunstmuseum in Brüssel wurde bisher Pieter Bruegel dem Älteren zugeschrieben, stammt aber von einem zeitgenössischen Kopisten.
„Das Gemälde wurde weder von Pieter Bruegel dem Älteren noch von seinem Sohn Pieter Bruegel dem Jüngeren gemalt“, heißt es in dem aktuellen Gutachten des Königlichen Instituts für Kulturerbe.
Zwei Spezialistinnen des Instituts prüften das Gemälde unter anderem mit Infrarotgeräten. Dabei entdeckten sie, dass bei der zugrundeliegenden Skizze die für den Renaissancemaler Bruegel typischen Streichungen und unterbrochenen Linien fehlten.
Die Skizze sei „enttäuschend“, zitiert die belgische Tageszeitung Le Soir die Kunstexpertin Dominique Allart. „Es ist mit viel Fleiß entstanden, aber ohne die geringste Kreativität.“ Kein künstlerisches Zaudern, keine verbessernde Korrektur sei an diesen Strichen ablesbar. Da habe wohl einer stumpf abgemalt, so der Schluss der Gutachter.
Auch die Farben seien für einen Bruegel zu grell, hieß es. Zudem wird das Gemälde auf die Zeit zwischen 1584 und 1625 datiert — Jahre nach dem Tod des Malers 1569.
Demnach verfügt das Museum der Alten Kunst in Brüssel nun über zwei Versionen des „Sturz des Ikarus“, die beide Kopien sind. Das Original dürfte verloren gegangen sein.
Karin Roedig, Sprecherin des Königlichen Kunstmuseums, sagte: „Die Herkunft war schon immer umstritten. So hängt es zwar inmitten anderer Werke der flämischen Malerfamilie — hinter dem Namen Bruegel steht aber schon länger ein Fragezeichen.“
Weder Museum noch Gutachter zweifeln indes an, dass die Komposition des Bildes von Bruegel stammt. Schon die eigenwillige Aufteilung sei für ihn typisch, erklärte Allarts Kollegin Catherina Currie.
Das gilt vor allem für den Titelgeber Ikarus selbst: Der überehrgeizige Anti-Held der griechischen Sagenwelt kommt nur am Rande vor. Nachdem er beim Flugversuch mit Schwingen, die sein Vater Daedalus ihm gebastelt hatte, schmählich abgestürzt ist, sieht man nur noch rechts unten seine zappelnden Beine aus dem Wasser ragen.