Einfach mal tiefer hängen: Kindergerechte Bilder

Köln (dpa) - Auge in Auge stehen sich Emil Kriegeskorte (10) und Philippus Cunaeus (9) gegenüber, dabei trennen sie 350 Jahre. Emil ist Viertklässler an einer Kölner Grundschule.

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Philippus war der Sohn eines führenden Kaufmanns der holländischen Ostindien-Kompanie und wuchs auf Java im Indischen Ozean auf. 1663 ließ sich sein Vater mit ihm zusammen porträtieren. Dass sich die beiden Jungen jetzt auf Augenhöhe entgegentreten können, liegt daran, dass das Wallraf-Richartz-Museum in einem seiner Barocksäle alle Bilder 20 Zentimeter tiefer gehängt hat.

„Wer Kinder hat und mit ihnen ins Museum geht, weiß: Die Bilder hängen eigentlich immer zu hoch“, sagt Direktor Marcus Dekiert. „Man muss die Kinder ständig hochheben, damit sie etwas sehen können.“ Zumindest in einem Saal des Kölner Museums ist das nun nicht mehr nötig.

Die Faustregel für das Aufhängen von Bildern ist, dass sie auf Augenhöhe sein sollen. Aber in einem Museum, in dem viele Bilder nebeneinander gezeigt werden, kommen auch andere Aspekte dazu: Sicherheitstechnisch ist es besser, wenn die Bilder eher etwas zu hoch hängen. Dann können Besucher nicht so leicht dagegen stoßen. Außerdem muss man einen Mittelwert finden für kleine und große Formate, für den Rubens-Schinken und die filigrane Miniatur.

Anja Sevcik, die Leiterin der Barockabteilung, hat früher in der Nationalgalerie in Prag gearbeitet. Dort wurden die Bilder „auf 1,55 gehängt“, was bedeutet: Die Bildmitte liegt in einer Höhe von 1,55 Metern vom Fußboden aus. Im Wallraf-Richartz-Museum hängen die Bilder für gewöhnlich „auf 1,65“, und im Amsterdamer Rijksmuseum ist das das Minimum - größere Bilder hängen noch höher. Die Leute würden schließlich immer größer, heißt es dort.

Sevcik und Dekiert sind selbst überrascht, wie angenehm die tiefere Hängung auch für Erwachsene ist. Zu Philippus' Vater Johannes muss man nun als erwachsener Besucher nicht mehr aufschauen. Und bei einem riesigen Früchtestillleben ist man gleich mittendrin. „Man kommt viel tiefer rein in die Bildwelt“, wundert sich Sevcik.

Der neue Kindersaal im Wallraf-Richartz-Museum bietet noch andere Vorteile: Es gibt riesige Sitzkissen, in denen man zu fünft herumlümmeln kann und die sich nach Belieben verschieben lassen. Außerdem hängen nicht nur alte Gemälde an den Wänden, sondern auch Bilder, die von Kölner Kindern gemalt worden sind. Sie sind genauso schön gerahmt und auf Texttafeln erläutert.

Die Ölgemälde zeigen trotz ihres Alters von 350 bis 400 Jahren Motive, mit denen auch Grundschüler etwas anfangen können: Kämpfende Löwen sind zu sehen, Haustiere, Badende, Schlittschuhläufer, ein altes Schloss... Das Museum nennt die Präsentation, die ab Mittwoch zu besichtigen ist, „Republik der Kinder“, weil die Bilder alle in der niederländischen Republik entstanden sind. Dieses Land war im Europa des 17. Jahrhunderts als besonders kinderfreundlich bekannt - und -berüchtigt, wie Sevcik erzählt: „Der englische Botschafter meinte damals: Wenn diese Kinder in die Pubertät kommen, werden die Eltern noch ihr blaues Wunder erleben.“