Einhundert Caravaggio zugeschriebene Werke entdeckt
Mailand (dpa) - Etwa 100 unbekannte Zeichnungen und Gemälde, die dem jungen Maler Caravaggio zugeschrieben werden, sind in Italien aufgetaucht.
Es soll sich um Werke handeln, die der spätere Meister der frühbarocken „Helldunkel“-Malerei zwischen 1584 und 1588 als Teenager in der Werkstatt des Malers Simone Peterzano angefertigt habe. Sie seien nach der langen und gründlichen Recherche einer Expertengruppe als seine Werke erkannt worden, meldete die italienische Nachrichtenagentur Ansa am Donnerstag. Diese Auffassung wird jedoch nicht von allen Kunstexperten geteilt.
Die Arbeiten wurden im Nachlass Peterzanos gefunden und befinden sich im Castello Sforzesco, einem Mailänder Schloss, das mehrere Museen und Ausstellungsräume beherbergt. Caravaggio war im Jugendalter ein Schüler Peterzanos. Die Kunsthistoriker Maurizio Bernardelli Curuz und Adriana Conconi Fedrigolli haben den Nachlass und verschiedene Mailänder Kirchen durchkämmt und sind durch Vergleiche zu dem Schluss gekommen, dass es sich in der Tat um frühe Werke Caravaggios handele.
Das Expertenpaar identifizierte ein „geometrisches Regelwerk“ in den Zeichnungen, eine Art künstlerische DNA, die jeder Maler besitze. Zudem seien verschiedene Motive - etwa Kopfstudien - wiedererkennbar, die Caravaggio dann in späteren Gemälden wiederaufgegriffen habe.
Erweisen sich die Zeichnungen tatsächlich als echt, wären sie von großer kunstgeschichtlicher Bedeutung, da Caravaggio als Maler bekannt ist, der „nie zeichnete“. Bisher sollen keine aus seiner Feder stammenden Skizzen und Entwürfe vorhanden sein. Mehrere Kunsthistoriker und die italienischen Zeitungen „La Repubblica“ und „La Stampa“ äußerten aber bereits Zweifel an der Echtheit: Angesichts der Flut von angeblichen Caravaggio-Funden seien weitere Überprüfungen unabdingbar. Expertin Maria Teresa Fiorio: „Das könnten doch auch Zeichnungen von Peterzano sein.“ Es sei doch so, dass ein Schüler von seinem Lehrer lerne.
Der Wert der Caravaggio zugeschriebenen Arbeiten werde auf 700 Millionen Euro geschätzt, heißt es. Die Werke werden im Internet vorgestellt und als e-Books (Amazon) zum Download bereitgestellt. Sie gehören der Stadt Mailand, berichtete „La Repubblica“.
Caravaggio wurde 1571 (oder 1573) in Mailand geboren und hieß mit richtigem Namen Michelangelo Merisi. Neben den Gemälden und Zeichnungen wurden auch handschriftliche Dokumente gefunden, so unter anderem ein angeblicher Protestbrief Caravaggios. Möglicherweise lassen die Briefe nach graphologischen Untersuchungen neue Schlüsse auf die Biografie des Malers zu. Caravaggio gilt als Meister frühbarocker Malerei, insbesondere des „Chiaroscuro“, und starb 1610 in Porto Ercole, entweder an Malaria oder durch Mörderhand.