„Herkules von Gelsenkirchen“ auf Zechenturm gehoben
Gelsenkirchen (dpa) - Immer kleiner wird der „Herkules von Gelsenkirchen“ und verschwindet schließlich fast ganz zwischen Nebelschwaden und Schneegestöber. Ein 130 Meter hoher Kran zieht das rund 23 Tonnen schwere und 18 Meter hohe Monumentalkunstwerk am Mittwoch auf den Turm der ehemaligen Zeche Nordstern.
„Wenn das so weitergeht, sieht man ihn gar nicht mehr“, sagt Künstler Markus Lüpertz und blickt mit gerunzelter Stirn in den tiefhängenden Himmel über Gelsenkirchen. „Aber es gibt ihm auch etwas Geheimnisvolles, das gefällt mir.“
Wenig später lichten sich die Nebelschwaden und die Ausmaße des neuen Lüpertz' werden sichtbar: Ein grauer Aluminium-Koloss mit blauen Haaren und Bart, tiefrotem Mund, brauner Keule und einer kleinen grünen Schildkröte neben dem linken Bein - den Blick stur in Richtung Gelsenkirchen-Schalke gerichtet. Turm, Sockel und Statue sind zusammen mehr als 100 Meter hoch. Es ist die größte Skulptur, die Lüpertz je entworfen hat, und eine der größten öffentlichen Monumentalskulpturen Deutschlands. „Die Arbeit ist gemacht, ich bin fertig, alles hat funktioniert, das ist beglückend“, sagt der 69-jährige ehemalige Direktor der Düsseldorfer Kunstakademie. „Ich bin kurzzeitig zufrieden.“
Im dicken beigen Wintermantel mit lila Innenfutter, die Hände auf einen schwarzen Gehstock mit silbernem Totenkopf-Knauf gestützt, beobachtet er das für ihn „sensationelle Ereignis“. Auch zahlreiche Schaulustige sind gekommen. Das Monumentalkunstwerk ist Teil des Kulturhauptstadt-Ruhr.2010-Programms und soll am Freitag offiziell präsentiert werden. Am Fuß des Herkules ist am Samstag die Schlussveranstaltung des Kulturhauptstadtjahres geplant.
Er sei ein „zugereistes Kind des Ruhrgebiets“, sagt Lüpertz, auch wenn er in der Tschechischen Republik geboren und am Niederrhein aufgewachsen ist. Im Ruhrgebiet habe er Fußball gespielt und in einer Zeche gearbeitet. „Herkules ist eine Figur, die Aufgaben bewältigt und Probleme löst. Für ein junges, aufstrebendes Ruhrgebiet ist er also die entsprechende Figur.“ Ob er auch ein neues Wahrzeichen des Ruhrgebiets werden könne, das müssten aber die Menschen entscheiden. „Für mich wäre es ein Kompliment.“
Auch andere Götterskulpturen wie Merkur und Apoll hat Lüpertz schon entworfen. „Wir brauchen Helden. Es gibt fast keine bessere Zeit für Helden, als die unsere. Das haben wir dringend nötig.“ Die Skulpturen wurden jedoch auch immer wieder scharf kritisiert - einige sogar umgestoßen oder beschmiert. „Der Herkules wird eine Herausforderung für Graffiti-Sprayer sein“, befürchtet Lüpertz. „Ich habe schon überlegt, ob ich nicht kleine Fenster bauen und einziehen kann.“