Holbein-Madonna erstmals wieder auf Reisen
Berlin (dpa) - Es war ein spektakulärer Coup: Als der schwäbische „Schraubenkönig“ Reinhold Würth vor vier Jahren die weltberühmte Holbein-Madonna für schätzungsweise 60 Millionen Euro erwarb, stach er überraschend das renommierte Städel Museum aus.
Das Frankfurter Ausstellungshaus hatte das einzigartige Werk schon seit Jahren kaufen wollen, um es in öffentliche Hand zu bekommen. Doch die gebotenen 40 Millionen Euro reichten den damaligen Besitzern, dem Adelshaus Hessen, nicht aus. Der Kunstmäzen und Großindustrielle Würth bekam den Zuschlag - der mit Abstand teuerste Kunstkauf der deutschen Nachkriegsgeschichte.
Seither hat die Madonna von Hans Holbein dem Jüngeren (1497-1543) ihre neue Heimat in einer von Würth aufwendig renovierten Kirche in Schwäbisch Hall. Erstmals durfte sie nun auf Reisen gehen: Sie ist das Herzstück einer Ausstellung, mit der sich die inzwischen fast 17 000 Werke umfassende Sammlung des Unternehmers vom 11. September an in Berlin präsentiert.
Unter dem Titel „Von Hockney bis Holbein“ werden bis Anfang nächsten Jahres rund 400 ausgewählte Exponate im Martin-Gropius-Bau zu sehen sein, neben Alten Meistern auch Schlüsselwerke der Moderne von Pablo Picasso bis Edvard Munch - eine „Visitenkarte“ der Sammlung, wie Direktorin Sylvia Weber (54) sagt.
Seit Donnerstag steht die wertvolle Gottesmutter mit der Inventarnummer 14910 erhaben in ihrem neuen Ausstellungsraum. Journalisten dürfen einen ersten Blick darauf werfen, ehe sich das elektronisch gesteuerte Sicherheitsrollo vor dem Kleinod wieder schließt. „Wir haben zum besseren Schutz bei Nacht eigens dieses Gehäuse erfunden“, erzählt Kuratorin Weber. „Sonst hätten wir ein so dickes Panzerglas nehmen müssen, dass man von der grandiosen Malerei nichts mehr sieht.“
Über die Transport- und Versicherungskosten für die Ausstellung hat die Hüterin der Sammlung mit Museumsdirektor Gereon Sievernich Stillschweigen vereinbart. Aber schon die Reisebedingungen für die heilige Frau lassen Rückschlüsse auf den offiziell nie bestätigten Kaufpreis zu.
So durften zu dem nur rund ein mal eineinhalb Meter großen Madonnenbild lediglich einige „Kleinigkeiten“ in den Laster geladen werden, um die zwischen 60 und 80 Millionen Euro liegende Versicherungsgrenze für einen Einzeltransport nicht zu überschreiten. „Sie ist schon ziemlich komfortabel gereist. Sie wurde sozusagen auf einer Sänfte nach Berlin eskortiert“, sagt Direktorin Weber geheimnisvoll.
Das Einzigartige an dem in Öl auf Nadelholz gemalten Meisterwerk ist nach Ansicht von Experten, wie Holbein mit seinem „fotografischen Stil“ den Kontrast zwischen der sphärisch entrückten Gottesmutter und der Bürgermeisterfamilie zu ihren Füßen komponiert. Es gilt deshalb als eines der schönsten und wichtigsten Gemälde der Renaissance schlechthin.
Auftraggeber Holbeins war der frühere Stadtchef von Basel, der nach Korruptionsvorwürfen mit knapper Not seiner Hinrichtung entgangen war. Er wollte mit dem 1525/26 entstandenen Bild seiner Retterin Maria danken, das Werk heißt deshalb mit vollem Titel „Madonna des Bürgermeisters Jacob Meyer zum Hasen“. Zwei Jahre später musste Holbein es nochmal überarbeiten. So bekam etwa die Bürgermeistertochter eine züchtigere Frisur, weil sie inzwischen verlobt war.
Übrigens: Die „Schutzmantelmadonna“ steht schon seit langem auf der Liste des national wertvollen Kulturguts, um die wegen der Gesetzespläne von Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) derzeit so heiß diskutiert wird. Das Bild darf deshalb nicht auf dem mit Fantasiepreisen lockenden internationalen Markt verkauft werden. Mit Hinweis darauf hatte Würth schon 2012 Sorgen vor einer möglichen Abwanderung so wertvoller Werke zurückgewiesen: „Sie bleiben ja unter der finalen Fuchtel der staatlichen Institutionen.“