Passion Christi Veronese, Cranach, Dürer: Osterspaziergang im Museum
Dresden (dpa) - Christus, zusammengebrochen unter der Last des Kreuzes, von Soldaten gezogen und getrieben: Das Gemälde „Die Kreuztragung Christi“ von Paolo Veronese (1528-1588) steht am Anfang eines Rundgangs in der Dresdner Gemäldegalerie Alte Meister Dresden, der zu Ostern passt.
„Unten ist Karfreitag und hier Ostersonntag“, sagt Andreas Henning, Kurator für italienische Malerei. Dazwischen zeugen Gemälde von Carracci, Bellini, Cranach oder Dürer davon, dass der Leidensweg Christi, die Passion, ein Hauptthema in der Kunst war.
„Altarbilder, Kapellenausstattung, Andachtsbilder in Privathäusern, Klappaltäre wurden von wichtigen Künstlern im Auftrag gemalt“, erklärt Henning. Auch in anderen Museen Alter Meister und großen Skulpturensammlungen mit Darstellung des Gekreuzigten oder der Pietà lohnt zu Ostern mehr als ein Blick, sagt Andreas Schumacher, Kurator in der Münchner Alten Pinakothek. „Die meisten Treffer gibt es in Spätmittelalter und Renaissance.“
Auch Raffael, Leonardo und Michelangelo beschäftigten sich mit der Passion, die die kirchliche Auftragskunst bis ins 18. Jahrhundert bestimmte. Mit der schwindenden Macht der Kirchen gelangte ein Großteil der Schätze dann in fürstliche Sammlungen.
Auch „Die Kreuztragung Christi“ war ein Auftragswerk. Das 4,14 Meter lange Bild gehört zu einem Zyklus von insgesamt vier großformatigen Bildern, den Veronese nach 1571 für die Venezianer Patrizierfamilie Cuccina malte. „Es ist ein Karfreitagsbild“, sagt Henning. Es zeigt den verurteilten Jesus, der das Kreuz kaum tragen, seinem Schicksal aber nicht entkommen kann. Von hinten drängen Reiter, auf einem Hügel werden die ersten Kreuze errichtet. „Es ist der wahrscheinlich einsamste Moment überhaupt im Leben Christi“, sagt Henning.
„Er ist hier ein absolut erniedrigter gepeinigter Mensch“, erklärt der Kurator. Das Werk ist frisch restauriert, voller Farbreichtum und typisch für den „großen Coloristen“ Veronese. Das Gewand von Jesus enthält sogar Organisches: mexikanische Cochenille. Der Rotfarbstoff wurde aus weiblichen Schildläusen gewonnen, die sich von einer Kaktusart ernähren. „Er war neben Gold und Silber eine der wertvollsten Handelswaren.“
Bei den Cuccina saß Veronese quasi an der Quelle. Sie handelten mit Wolltüchern und Luxusgütern, die Ehefrau kam aus einer Familie, die ein Monopol auf Cochenille hatte. Der Künstler gewann die Pigmente für das leuchtende Karmesinrot aus Stoffresten - am Jesus-Gewand nur noch zu erahnen, weil durch die Bindemittel ausgeblichen.
Vom Erdgeschoss geht es in die Beletage des Semperbaus am Zwinger. Nur wenige Schritte von Raffaels „Sixtinischen Madonna“ leuchtet Veroneses Vision der Erlösung: „Die Auferstehung Christi“. „Unten war Jesus als Mensch am Tiefpunkt, hier überwindet er den Tod und steht aus dem Grab auf, die Soldaten haben keine Chance.“ Im Sixtina-Saal finden sich mit „Die Himmelfahrt Mariä“ und „Thronende Madonna mit dem heiligen Matthäus“ von Annibale Carracci zwei weitere Gemälde mit Bezug zu Ostern.
Und auch „Christus mit der Dornenkrone“ malte Carracci in Öl. Über die Pietà „Maria mit dem Leichnam Christi“ von Giovanni Bellini sowie „Christus am Ölberg“ von Lucas Cranach d.Ä. und „Die Kreuzigung Christi“ von Lucas Cranach d.J. führt der Weg zum „Dresdner Altar“ von Albrecht Dürer. „Es gibt eine Fülle von Bildern in der Galerie, wo das Heilsgeschehen dargestellt ist und was es für die Menschen bedeutet, dass Christus auf die Erde gekommen ist, den Tod überwunden und die Sünden auf sich genommen hat“, sagt Henning.
Und nicht nur das. Carraccis „Die Almosenspende des heiligen Rochus“ zeugt von Jesus' Vorbild, auf alle irdische Macht zu verzichten. „Rochus verschenkte sein Vermögen an die Armen, pilgerte nach Rom, heilte Pestkranke, führte ein vorbildliches Leben und wurde später heiliggesprochen“, erzählt Henning. Religiöse Themen durchzögen die Kunst von der Frührenaissance bis Rokoko oder Klassizismus, in der Dresdner Galerie reichen sie von Fra Angelico bis zu Mengs.
Und selbst die Stillleben im zweiten Obergeschoss können laut Henning österlich gedacht werden. Sie zeigten Elemente des Verderbens. „Es geht immer um Verfall und darum, dass das Irdische endlich ist und sich der Mensch dem nicht verschreiben soll, sondern dem ewigen Seelenheil.“ Tote Fliegen, kaputte Gläser, leere Austernschalen, Fischgräten und ein toter Hase zeugen davon. Und wie bei Goethes Osterspaziergang gibt es nebenan opulent herausgeputzte Menschen zu sehen - im Porträtsaal.