Meinung Nochmal Trump — denkbar
Könnte man sich in eine Zeitmaschine setzen, anderthalb Jahre zurück reisen und erzählen, was rund um Donald Trump inzwischen so passiert ist — viele, viele Menschen würden es nicht glauben. Die Wetten standen doch so gut, dass er schon binnen 100 Tagen wieder gehen muss, auf keinen Fall aber seine Amtszeit beenden kann.
Und jetzt will er wohl eine zweite! Das Schlimmste daran: Es ist sogar denkbar.
Der US-Präsident wirkt unkaputtbar. Wie Teflon für Skandale, an dem nichts wirklich haften bleibt. Die Frage, ob Ex-Präsident Bill Clinton als solcher über Sex oder Nicht-Sex log, hätte ihn 1999 um ein Haar sein Amt gekostet. Der Nachrichtensender CNN zählte in den ersten knapp 500 Tagen von Trumps Amtszeit mehr als 3000 Lügen — im Schnitt sechs pro Tag. Ein Impeachment aber steht nicht an.
Eine kollektive Abstumpfung hat stattgefunden. Die Öffentlichkeit ist abgestumpft gegenüber den regelmäßigen Entgleisungen Trumps, die zu Beginn Empörung, jetzt nur noch müdes Kopfschütteln ernten. Die Politik stumpft ab gegenüber seinem Tonfall und Regierungsstil. Manche — auch in Deutschland — „trumpen“ ja fast schon selbst. Der Zeitgeist, der dem Machthaber Anfang 2017 mit verschränkten Armen entgegenstand, scheint ihm jetzt frohgemut auf Twitter zu folgen. Trump-Sprech wird in der Politik zusehends salonfähig, in Europa wie in den USA — und das hilft ihm.
Vor allem aber verkennen wir in Deutschland oft, dass es ein Amerika jenseits der uns gefälligen Bilder großer Anti-Trump-Demos gibt. In diesem Amerika bedient der Präsident mit seinen Strafzöllen, seiner Mauer (obwohl sie immer noch nicht steht), seinem „America First“ beharrlich die eigene Klientel. Und am wichtigsten: Sein Rückhalt in der eigenen Partei liegt bei weit über 80 Prozent. Beliebter bei den Republikanern war nur George W. Bush nach dem 11. September 2001. Auch damals hielten viele eine Wiederwahl für ausgeschlossen. Und wir wissen alle, wie das endete.