Peer Steinbrücks Schicksalswahl
Am Sonntag geht es in Hannover nicht nur um den Landtag.
So schnell wie Kanzlerkandidat Peer Steinbrück derzeit Popularität verliert, können sich neue Spekulationen und Gerüchte über die Auswirkungen auf die SPD gar nicht entwickeln. Was passiert da?
Niemand hat das Parteiprogramm umgeschrieben, selbst politische Nuancen haben sich kaum verändert. Der Kandidat hat lediglich unglückliche Äußerungen getätigt. Wohlwollende könnten das, was er über Politikergehälter oder den Abzug von Bonner Ministerien sagte, sogar konsequent und ehrlich finden.
Doch — auch wegen des Trubels um sehr gut bezahlte Vortragsveranstaltungen — gibt es nur eine Richtung: abwärts.
Wenn die SPD am Sonntag in Niedersachsen nicht die Wahl gewinnt, wird es bitter. Die Sozialdemokraten blieben zwar im zweitgrößten Flächenland Deutschlands weiter in der Opposition, doch noch vor wenigen Monaten zweifelte niemand an einer glanzvollen Wachablösung.
Und der Buhmann wird nicht der dortige Spitzenkandidat, der zurückhaltende und sehr freundliche Stephan Weil sein. Der war von Anfang an außerhalb Hannovers, wo er Oberbürgermeister ist, nicht sehr bekannt, hat aber einen sehr soliden Wahlkampf nah an den Menschen geführt und an Popularität zugelegt. Weil wird dann eben sein Amt als Stadtoberhaupt aufgeben, um Oppositionsführer im Landtag zu werden. Schrammen blieben bei ihm keine zurück.
In der SPD werden jedoch die Spekulationen um Steinbrücks Anteil am verpassten Sieg hochkochen. Verbunden mit der Angst, angesichts der Negativstimmung auch bei der viel wichtigeren Bundestagswahl im Herbst alle Chancen zu verspielen, wird die Diskussion um den richtigen Kandidaten mit neuer Heftigkeit eröffnet.
Wenn Machtoptionen in Gefahr scheinen, sind auch Treueschwüre für Steinbrück nichts mehr wert. Selbst Hannelore Kraft, die eigentlich gestern wieder ein klares Bekenntnis zu NRW ablegte, könnte wieder ins Spiel kommen. Wenn die Partei laut genug nach einer Retterin riefe, könnte sie sich kaum dagegen sperren.
Nach der Wahl in Hannover kann in den Parteien viel passieren. Insider gehen fest davon aus, dass Philipp Röslers Ende als FDP-Chef dann besiegelt ist. Doch je nach Wahlausgang kann die SPD noch mit ganz anderen Personalien überraschen.