Die Nationalelf unter dem Bundestrainer Warum ein Neuanfang ohne Löw an der Zeit ist

Meinung · Unabhängig vom Spiel gegen die Schweiz deutet viel daraufhin, dass ein Wechsel gut für den DFB und auch den Trainer selbst wäre.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Dass Joachim Löw die deutsche Fußball-Nationalmannschaft überhaupt noch trainiert, ist zwei Merkmalen zu verdanken: Er ist 2014 Weltmeister geworden. Mehr geht nicht, der größtmögliche Erfolg wirkt nach und ist bestmöglicher Klebstoff. Wer Weltmeister ist, hat nachgewiesen, dass er es kann. Verlernt wird er es nicht haben! Zweitens agiert der Deutsche Fußball Bund seit Jahren aus der Position der Schwäche mit umstrittenen Führungsfiguren wie Ex-Präsident Reinhard Grindel, der eine weitere Baustelle nicht im Nationalteam aufmachen wollte. Das hat verhindert, dass nach der völlig misslungenen WM 2018 ein Strich unter eine insgesamt herausragende Amtszeit Löws gezogen wurde. Dabei wäre es der zuletzt bestmögliche Moment vor allem für Löw selbst gewesen.

Denn für die These, dass der Bundestrainer unabhängig vom gestrigen Spiel gegen die Schweiz besser nicht mehr Bundestrainer wäre, muss man gar nicht bei Löw selbst beginnen: Es ist völlig normal, dass sich der Enthusiasmus auf allen Seiten über die Jahre legt, alle Ideen seit 2006 (als Klinsmanns Assistent ist Löw seit 2004 dabei) aufgebraucht und vieles nicht mehr neu und damit allzeit berechenbar ist. Aber: Es ist auch das, was Löw inzwischen ausstrahlt: genervt, debattenunfreudig, im negativen Sinne eingerichtet, ein bisschen leidenschaftslos, zuletzt sogar arrogant, fast abgehoben, als er angesichts der Kritiker-Meute mienenlos zu verstehen gab, über den Dingen zu stehen. Der Bundestrainer ist – über sich selbst hinaus – eben auch das Ergebnis der vergangenen Jahre in diesem Verband, dessen Skandale, Eigentümlichkeiten und Absurdidäten auf ihn abgefärbt haben – oder sich in Außen- und Eigenwahrnehmung schlicht nicht mehr abschütteln lassen.

Für den DFB wäre ein Aufbruch mit einer neuen sportlichen Leitung bei einem grundsätzlich vielversprechenden Fußball-Team eine Chance auf neuen Enthusiasmus in einer Phase – und das muss man konstatieren, tief reichender deutscher Fußball-Depression. Der Verband braucht ein Signal. Mehr, als dass der 60 Jahre alte Joachim Löw noch die Nationalelf bräuchte.