Schweigen ist Bronze Wladimir Putin will die Welt neu ordnen und setzt Zeichen in Peking

Meinung | Peking · USA und Europa wären gut beraten, Wladimir Putin nicht das Feld zu überlassen. Denn sein Besuch in Peking ist ein Mosaikstein.

Russlands Staatschef Wladimir Putin will nach Peking reisen.

Foto: dpa/Andrew Milligan

In der nächsten Woche beginnen die Olympischen Winterspiele. Diesmal treffen sich die Athletinnen und Athleten in Peking. Dass die Millionenstadt bisher nicht gerade als schneesicher von sich hat reden machen können, liegt am Klima und vielleicht auch ein bisschen am Smog. Aber Olympia hat an Reiz verloren, nur noch wenige Staaten finden sich bereit, das Milliardenspektakel zu veranstalten, und wenn die Staaten bereit sind, dann sind es so viele Menschen in den Staaten nicht, so dass Regierungen einknicken. Das erklärt, warum die Winterspiele diesmal in Peking stattfinden. China kennt und will gesellschaftlichen Diskurs nicht. Aus diesem Grund haben sich viele Vertreter westlicher Nationen entschlossen, nicht zur Eröffnung der Spiele nach China zu reisen. Sie wollen einem System nicht den Hof machen, das Uiguren interniert, Demokratie unterdrückt und wirtschafts-kolonialistisch unterwegs ist.

Umso mehr lässt aufhorchen, dass Wladimir Putin nicht nur die drohende Abwesenheit der westlichen Politprominenz geißelt, sondern der Kommunistischen Partei Chinas auch noch die Ehre seiner Anwesenheit erweisen wird. Und alle Beobachter können sicher sein, dass hier keine Liebe im Spiel ist. Der russische Machthaber will vielmehr die Lücken nutzen, die Europa und die Vereinigten Staaten offen lassen. Seine Annäherung an China ist ein wichtiger Mosaikstein in seinem Versuch, die Weltordnung neu zu sortieren. Die Zeiten, in denen Russland als glückloses, verschmähtes Überbleibsel der Sowjetunion ignoriert und belächelt worden ist, sollen endgültig vorbei sein. Also droht er der Nato mit einem Einmarsch in die Ukraine, also degradiert er die Europäische Union in diesem Konflikt zum Kellner. Und er fährt nach Peking, um dem Rest der Welt zu zeigen, wen er für würdig hält, in seiner neuen Weltordnung auch eine Hauptrolle zu spielen.

Deshalb wären die Chefinnen und Chefs der westlichen Hemisphäre gut beraten, ihre Reisepläne noch einmal zu überdenken. In Zeiten wie diesen ist Anwesenheit auch im Kunstschnee Silber, Reden ist Gold – und Schweigen ist Bronze.