WZ-Wissen WZ-Wissen: Eine gute Portion Optimismus für Krefeld

Krefeld · Prof. Dr. Jens Weidner ist Erziehungswissenschaftler, Kriminologe und Bestsellerautor. Am 28. Januar macht er den Auftakt bei der neuen Reihe WZ-Wissen. Darin spricht der bekennende HSV-Fan über das Thema Optimismus.

Prof. Dr. Jens Weidner spricht am 28. Januar in Krefeld.

Foto: Michael Kottmeier, K-Film/Michael Kottmeier

Herr Prof. Dr. Weidner, Sie haben mit Gangschlägern in Philadelphia gearbeitet und auch Kriminelle in Deutschland behandelt, lehren Kriminologie und Sozialisationstheorie an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg. Und dann sind sie auch noch Fan des HSV. Da haben Sie doch sicher einige Situationen erlebt, die selbst den überzeugtesten Optimisten auf eine harte Probe stellen. Wie schaffen Sie es, optimistisch zu bleiben?

Weidner: Die Anspielung auf den HSV ist wirklich gemein. Da muss ich sagen: Auch Optimismus hat Grenzen. Aber wir glauben ja an den Wiederaufstieg. Bei der Arbeit mit Gewalttätern ist es so, dass man diese überhaupt nur behandeln kann, wenn man ein optimistisches Menschenbild hat. Bei unserem Anti-Aggressivitäts-Training für Gewalttäter werden 70 Prozent der Behandelten nicht mehr einschlägig rückfällig. Natürlich wüsste man gerne im Vorfeld, wer zu den anderen 30 Prozent gehört, und spart sich die Mühe. Aber dass man 70 Prozent der Aggressiven erreicht, das stimmt einen positiv, auch weil es ein aktiver Beitrag zum Opferschutz ist, wenn diese Täter sich zukünftig gewaltfrei verhalten.

Sie identifizieren fünf Typen: den Zweckoptimisten, den naiven Optimisten, den heimlichen, den altruistischen und den Best-of Optimisten, wobei Letzterer der Karrierebeschleuniger ist. Was macht den Best-of-Optimisten aus?

Weidner: Ein Best-of-Optimist kann sich sein Ziel und seinen Erfolg in der Zukunft sehr konkret vorstellen und verfolgt beides mit harter Arbeit. Optimismus gilt nämlich als Motor des Kapitalismus, so der Wirtschaftsnobelpreisträger Daniel Kahneman. Dieser Zukunftsglaube fördert innovatives Denken. Best-of-Optimisten arbeiten dabei mit drei Faktoren: Zuerst erstellen sie eine Machbarkeitsanalyse, nutzen ihren gesunden Menschenverstand und ziehen ihre Ideen mit einem sehr langen Atem, auch gegen Widerstände, durch. Wenn ich persönlich von einer Idee überzeugt bin, stelle ich sie meinem Chef vor und der sagt vielleicht: „Sehr schön, aber das machen wir jetzt nicht“. Best-of-Optimisten geben an dieser Stelle nicht auf, sondern präsentieren das, woran sie glauben, Monate oder Jahre später erneut, leicht abgewandelt, bis es endlich klappt.

Im Job kann man sich gut vorstellen, dass das funktioniert. Aber kann man damit auch privat etwas anfangen?

Weidner: Das funktioniert nicht nur beruflich, sondern auf einer anderen Ebene auch in einer Beziehung. Als Optimist konzentriert man sich auf die schönen Seiten des Partners. Positivfaktoren multiplizieren wir mal drei, Negatives bleibt einfach stehen. Morgens am Frühstückstisch muss man dem Partner nicht ehrlich sagen, was man real sieht, sondern man betont das Schöne, was man in seinem Liebsten wahrnimmt. Das lässt den Partner dann gleich von innen heraus leuchten. Authentisches Lügen oder schöner formuliert „lies for love“ nennt man das. Verstehen Sie, was ich meine?

Ich schon. Aber das klingt so, als würden Frauen das besser verstehen als Männer.

Weidner: Ja, Frauen sind da häufig kognitiv schneller unterwegs. Aber dafür sind sie viel schlechter darin, ein Lob anzunehmen. Sie sind häufig viel zu selbstkritisch. Deswegen arbeiten wir beim Vortrag am 28. Januar in Krefeld auch mit dem „Above-Average-Effekt“. Jeder Gast könnte sich vor unserer Veranstaltung fünf Punkte überlegen, die an ihm oder ihr toll sind. Das kann etwas Banales sein, wie: schicke Krawatte oder riecht gut. Oder auch: Ich bin ein guter Vater und ich bin treu. Und diese Punkte verstärken und erweitern wir. Meine eigene Liste umfasst mittlerweile 33 Sachen, die an mir gut sind. Fast alle stammen aus Komplimenten, die ich gesammelt habe. Diese Überhöhung ist zwar übertrieben, aber sie sorgt alltagspraktisch dafür, dass wir besser schlafen, uns gesünder fühlen und auch arbeitsfähiger und erfolgreicher sind. Das alles ist empirisch belegt. Denn, wer an sich glaubt, der leidet weniger. Wir wollen daher beim Vortrag die Schönheit der Lobkultur vermitteln, denn die ist ja in Deutschland nicht gerade sehr ausgeprägt.

Kann jeder lernen, Optimist zu werden?

Weidner: Nein. Aber jeder kann auf der eigenen Grundlage ein Stück optimistischer werden. Der US-Psychologe Seligman empfiehlt daher: Wenn sich Eltern für ihre Kinder etwas wünschen dürften, dann sollten sie – neben Gesundheit – den Optimismus wählen. Denn der ist die Basis, die vieles zum Guten wenden kann.

Was erwartet die Zuhörer bei WZ-Wissen am 28. Januar in Krefeld?

Weidner: Mein Vortrag basiert auf Forschungsergebnissen. Aber er ist dabei vor allem unterhaltsam. Fachliches erfahren und Freude haben – das ist mein Ziel. Wir reden also nicht nur über Optimismus. Wir werden ihn auch in Krefeld verbreiten.