Bestattungen: Letzte Reise über die Grenze
Immer mehr Krefelder lassen sich aus Kostengründen anonym in den Niederlanden bestatten.
Krefeld. Die Asche ihrer Verstorbenen in den Niederlanden anonym verstreuen oder beisetzen zu lassen — das ist eine Bestattungsform, für die sich immer mehr Krefelder entscheiden. Die Gründe dafür sind im Wesentlichen bürokratischer und finanzieller Art. Beate Martin, Betriebsleiterin im Bestattungshaus Sinzig Frankenheim: „Für eine anonyme Bestattung braucht man in Krefeld eine handschriftliche Verfügung des Verstorbenen. Das wissen viele aber nicht. Deshalb entscheiden sie sich für die Niederlande, wo man diese Verfügung nicht braucht. Außerdem ist eine anonyme Bestattung in den Niederlanden viel günstiger.“ Für das „Komplettpaket“, so ihre Schätzung, müsse man in Maasbree etwa 3500 Euro zahlen, in Krefeld hingegen seien es rund 4800 Euro.
Auch Monika Hannappel, Mitinhaberin des Bestattungshauses Hannappel, hat die Erfahrung gemacht, dass sich die Hinterbliebenen vor allem aus diesen beiden Gründen für eine Bestattung in den Niederlanden entscheiden. Ein weiterer Grund sei die in Krefeld vorgeschriebene Ruhezeit von 30 Jahren: „Das ist vielen zu lang, vor allem, wenn sie selber schon älter sind.“
Außerdem, so ihre Einschätzung, gebe es in der Gesellschaft insgesamt einen Niedergang der Bestattungskultur: „Einige Menschen betrachten das nur noch als Entsorgungsauftrag. Dabei handelt es sich aber zum Glück um Ausnahmefälle.“
Das zu betonen, ist auch Sonja Hartenstein, Vorsitzende des Krefelder Bestatterverbands, wichtig: „Beerdigungen spiegeln das Leben wider. Die Entsorgungsmentalität gibt es eigentlich nur, wenn es schon vor dem Tod keinen Kontakt oder Bezug mehr gegeben hat.“
Und die Hinterbliebenen entscheiden sich gewöhnlich nur dann für die Niederlande, wenn wirklich eine anonyme Bestattung gewünscht sei. Die meisten wollen aber für ihre Verstorbenen eigentlich eine teilanonyme Bestattung. Sie erklärt den Unterschied: „Bei einer anonymen Bestattung sind die Angehörigen nicht dabei. Sie wissen also nicht, wo das Grab ist. Bei einer teilanonymen Bestattung sind sie dabei, wissen also auch, wo das Grab ist.“ Der einzige Unterschied zu einem gewöhnlichen Grab sei, dass es nicht individuell gekennzeichnet beziehungsweise gestaltet sei. „Das ist dann meist eine große Rasenfläche mit einem zentralen Gedenkstein.“
Auch Manuel Kölker, Pressesprecher der Stadt Krefeld, glaubt, dass eine anonyme Bestattung selten der eigentliche Wunsch von Verstorbenen beziehungsweise Angehörigen sei. Er räumt aber ein, dass es keine Zahlen darüber gebe, wie viele Krefelder anonym in den Niederlanden bestattet werden.
Die Krefelder Regelungen für anonyme Bestattungen würden jedenfalls nicht geändert: Die handschriftliche Verfügung der Verstorbenen sei im nordrhein-westfälischen Bestattungsgesetz vorgeschrieben. Die 30-jährige Ruhezeit sei dem lehmhaltigen Boden und der damit einhergehenden langsameren Verwesung der Leichen geschuldet. Und eine Senkung der Bestattungskosten sei schon wegen der Haushaltslage ausgeschlossen.