Dreister Callcenter-Betrüger geht Polizei ins Netz
Krefeld. Wer sich am Telefon nicht wehrte, der war schnell um einige Euro ärmer: Ein Betrüger, der aus einem Callcenter ahnungslose Menschen überrumpeln und deren Bankdaten ausspähen ließ, hat mit seiner Masche mehrere hunderttausend Euro erbeutet.
Seit Mittwoch sitzt der 28-jährige Tatverdächtige in Untersuchungshaft.
Am frühen Morgen überraschte die Polizei den Krefelder, der keinen Widerstand leistete, aber auch keine Angaben macht. Muss er aber auch gar nicht: Bei der Durchsuchung seines Büros an der Philadelphiastraße wurden verschiedene Beweismittel sichergestellt. Aus denen wurde auch deutlich: Nach der Gewinnspielabzocke waren bereits neue Maschen in Vorbereitung, um Menschen am Telefon zu täuschen — mit billigem Strom zum Beispiel.
Wer nicht gleich auflegt, der ist schnell an der Angel und lässt sich von den geschickt argumentierenden Callcenter-Agenten einwickeln, sagt Kriminalhauptkommissar Jochen Fier, Leiter der Ermittlungskommission „Call“. Die haben auf dubiosen Kanälen Adressen erhalten, geben zu verstehen, dass der Angerufene ja an einem Gewinnspiel teilnehme und fragen nun die Bankverbindung ab. Wer die preisgibt, bei dem wird abgebucht. Meist Beträge von 49,90 Euro.
Wer seine Kontoauszüge regelmäßig kontrolliert, wird da stutzig. „Doch viele tun das nicht. Oder bemerken es, nehmen es aber hin“, so Fier. Er bemängelt, dass es in Deutschland sehr einfach sei, Geld von Konten abzubuchen: Der 28-Jährige habe über zehntausende Personendaten verfügt, Agenten für ihn die Bankdaten herantelefonieren lassen und dann einem Zahlungsdienstleister Forderungen vorgegaukelt. Der buchte dann ab.
Wer sich wehrte und den Betrag zurückbuchen ließ, dem schickte der Krefelder laut Polizei einen Inkassodienst auf den Hals — auch diesen Firmen gab er vor, berechtigte Forderungen zu haben. „Besonders perfide“ findet das Jochen Fier. Er weiß: Die Gewinne, die die Betrüger machen, sind enorm. Im aktuellen Fall liegt der Schaden bei 500 000 Euro Schaden. Deshalb würden weitere Anklagen folgen: „Wir sind noch nicht am Ende.“ Ob die Telefonagenten Mittäter sind, wird derzeit geprüft.
Aufmerksam geworden waren die Fahnder auf den 48-Jährigen durch drei Callcenter-Betrüger, die am 8. November festgenommen worden waren. Einer von ihnen, ein 30-Jähriger, hat sich am Mittwoch in der Untersuchungshaft in Mönchengladbach kurz vor dem Prozessbeginn das Leben genommen.