Probe für den Ernstfall Stresstest für Evonik am Bäkerpfad

Krefeld · Am Chemiewerk wird mit Polizei und Feuerwehr ein Unfall mit Todesfolge simuliert. Da kommt es auf die richtigen Kommunikationswege an.

Lebensgroße Puppen simulierten die Verletzten, die am Samstag versorgt werden mussten.

Foto: Evonik

Ein Dampfaustritt in der Produktionsanlage. Ein Störfall. Vier betroffene Personen an der Unfallstelle. Der Alarm wird sofort ausgelöst. Die Werksfeuerwehr der Evonik Industries am Bäkerpfad braucht keine zwei Minuten, um an der Gefahrenstelle zu sein. Die Medienleute kommen auf das Gelände. Die Social-Media-Kanäle laufen über. Es muss nun alles ganz schnell gehen. Dann die Nachricht, dass eine Person, die an der Unfallstelle verletzt wurde, bereits an den Folgen gestorben ist. Ein anderes Opfer sei im Helikopter auf dem Weg ins Krankenhaus. Das ist am Samstag glücklicherweise nicht wirklich passiert, sondern war nur eine Simulation, eine groß angelegte Übung, die Evonik zusammen mit der Krefelder Feuerwehr und Polizei durchgeführt hat.

So tragen Rettungskräfte am Samstagvormittag eben nur Puppen über den Betriebshof zwischen den Fabrikhallen. Und die Stimmung ist auch noch einigermaßen heiter, als der Autor dieser Zeilen selbst ein Stück weit in die Übung involviert wird. Denn der Technik-Geschäftsführer der Evonik-Sparte Superabsorber, Peter Dettelmann, brieft inzwischen die Presse als wäre hier gerade der Ernstfall eingetreten. Mit Schutzhelm und Schutzjacke empfängt er die schreibende Zunft und kommt sofort zum Punkt. Im Telegrammstil übermittelt er die Lage, denn ein konzerneigener Sprecher ist gerade nicht vor Ort. Dettelmann hat nun viel um die Ohren, muss immer wieder auf neue Entwicklungen reagieren.

Neue Erkenntnisse stören Routine und sorgen permanent für Stress

Das Drehbuch für diesen Übungseinsatz hat der Störfallbeauftragte Andreas Kalker geschrieben, das einige Stressauslöser beinhaltet für die Verantwortlichen, um immer wieder Chaos in der Routine zu stiften, auf das man reagieren muss.

Gibt es eine Gefahrenlage für die umliegende Bevölkerung? Wurde die Bezirksregierung in Düsseldorf schon informiert? Und dann muss ja auch noch die Familie des verstorbenen Mitarbeiters in Kenntnis gesetzt werden. Erneute Eskalation: Wurden doch fünf Personen verletzt, statt nur vier? Der Hubschrauber findet keinen Landeplatz. Dazu die nervenden Fragen der Journalisten, die auch das Stresslevel heben sollen. Der Ereignisstab der Evonik am Standort Krefeld tritt zusammen. Als einer der Beobachter, die die Übung begleiten, dient an diesem Vormittag der Co-Geschäftsführer Frank Lelek. Auch er verfolgt das Gespräch mit dem Journalisten, ist aber eigentlich laut Drehbuch gar nicht anwesend. Auch die Frage der Seelsorge für Mitarbeiter und Rettungskräfte steht im Raum. Und müssen die Nachbarschaft und die Einrichtungen wie Kindergärten oder Schulen informiert werden? Dann aber die Entwarnung: Kein Gefahrenstoff ist beim Brand ausgetreten.

Ins Gespräch tritt auch Marcel Goldbach von der Berufsfeuerwehr und Leiter für Einsatz und Organisation. Binnen fünf Minuten seien die Rettungskräfte vor Ort gewesen, beschreibt er die schnelle Reaktion. In der Simulation hatte man solch eine Reaktionszeit eingespielt, damit die Löschzüge nicht mit Sirenengeheul und Blaulicht durch die Krefelder Straßen eilen mussten und vielleicht für unnötige Verunsicherung gesorgt hätten. Gleiches galt für Polizei, die ebenfalls vor Beginn der Übung schon am Bäkerpfad wartete. Die firmeneigene Betriebsfeuerwehr sei ohnehin jeden Tag in Bereitschaft, sagte Dettelmann. Die Menschenrettung stand dann an erster Stelle für die eintreffenden Mannschaften der Feuerwehr. Schon am frühen Mittag ist der simulierte Notfall beendet, die Übung abgeschlossen. „Die Abstimmung hat perfekt geklappt“, sagt Goldbach nun. Wichtig sei es gewesen, die Kommunikationswege einzuüben. „Für die Feuerwehr war dieser Einsatz ein voller Erfolg.“

Auch Peter Dettelmann zieht ein positives Fazit: „Es ist sehr gut gelaufen“, erklärt der Geschäftsführer. „Natürlich gibt es immer Dinge, die besser laufen müssen.“ Die Sirenen in der Umgebung und die Alarmmeldungen über die Mobiltelefone hätten „unverzüglich ausgelöst werden können“, sagt Goldbach. Die Stimmung bleibt locker und entspannt. Eine Übung bleibt eben nur eine Übung. Aber die Kommunikationswege untereinander müssen stimmen.