Aus dem Nichts erwächst die Kraft einer erwachenden Natur. Als wolle sie sich langsam strecken und recken, als luge hier und da ein kleiner Vorgeschmack auf ihre wohlige Blüte hervor, beginnt alles mit scheinbarem Stillstand. Kaum einem Komponisten ist es besser gelungen, die eigentlich gar nicht so stille „Stille“ der Natur in Töne zu fassen, wie dem noch recht jungen Gustav Mahler. Und den Niederrheinischen Sinfonikern – bei dem 6. Sinfoniekonzert geleitet von dem Gastdirigenten Josep Caballé-Domenech – gelang Mahlers Musik durchgehend bis auf wenige kleinere Makel in einer Art sprechen zu lassen, dass man sich hineingezogen fühlte.
Der böhmisch-österreichische Komponist und seinerzeit umjubelte Dirigent, beginnt seine ab 1888 in mehreren Etappen geformte Erste Sinfonie mit einer fast unbeschreiblichen Stimmung. Ob ihm das just gelungen ist, weil er zu dieser Zeit als Operndirektor nach Budapest kam, wo die Sinfonie noch in einer Urform auch aus der Taufe gehoben wurde, ist eine etwas tendenziöse Spekulation des Schreibers dieser Zeilen, der nun mal selbst ungarische Wurzeln hat. In Mahlers Musik, die in dieser ersten Sinfonie – wenn man einen Mythos konstruieren wollen würde – seine „Geburt“ erlebt, trifft der Hörer auf so viele Einflüsse und Zutaten, wie kaum. Doch klingt es schon sofort nach Mahler. Das jüdische Erbe seiner Familie, seine Jugend, Tanz- und Militärmusik, Studienjahre in Wien, seine intensive Arbeit mit der Musik anderer Komponisten als Dirigent, all das fügt sich zusammen.