Der leichte Regen am Sonntagmittag kann die Stimmung nicht eintrüben. Es ist ja klar, mit wem man es hier zu tun hat, als die Spielfreunde Uerdingen vor dem Rathaus am Marktplatz aufmarschieren. Die Bürgerwehr ist außerdem angetreten und auch das Amazonen-Corps der Rheinstadt stellt sich auf. Hoch über ihnen auf dem Balkon des Rathauses wird Bezirksvorsteher Jürgen Hengst sogleich die Kirmes offiziell eröffnen und seinen Zylinder schwenken. Unten gehen drei Salutschüsse ab. Und neben Hengst blinzelt schon die baldige Narrenzeit hervor. Mitten im Hochsommer. Aber auch das ist in Uerdingen seit Jahrzehnten gelebte Tradition. Und das Brauchtum will sich schließlich auch im Wandel der Zeiten behaupten, um weiter relevant zu bleiben. Das neue Prinzenpaar zeigte sich daher am Sonntag schon einmal der Öffentlichkeit vor etwa 100 Augenpaaren – noch „in Lauerstellung“, wie das so heißt. Dirk Henkel und Lina Splettstößer, Vater und Tochter. Beide mit ausreichend blau-rotem Blut ausgestattet, um die Rollen mit allerhand lokalpatriotischem Selbstbewusstsein auszufüllen. Beide sind Karnevalisten durch und durch. Seit Kindesbeinen haben sie die Umzüge besucht und sind längst im Verein Zusammengewürfelte Narren organsiert. Die Familie atmet den Karneval. Das ist sicher. „Wir möchten in unserer schönen Heimatstadt das Brauchtum weitergeben, mehr junge Leute ansprechen“, sagen sie. Es klingt wie ein närrischer Scherz, aber es ist wirklich so. Dirk Henkels Geburtstag fällt auf den 11. November, wenn das Rheinland Karnevalserwachsen feiert. Ein willkommener Zufall. Lina Splettstößer ist dann elf Tage später an der Reihe, am 22. 11. wird sie 27 Jahre jung. „Dreimal die Elf“, witzelt sie über die närrische Zahl. Ihr Töchterchen hat es da wieder auf den Punkt getroffen. Am Tag des Karnevalserwachens feiert sie ihr drittes Wiegenfest. „Alles wie vorprogrammiert“, schmunzeln Dirk Henkel und Lina Splettstößer.