Mit dem Nachtwächter zu Fuß in dieVergangenheit
Als Nachtwächter nimmt Heinz-Peter Beurskens Besucher mit auf einen historischen Spaziergang. Los geht es am Café Konkurs.
Krefeld-Linn. Im mittelalterlichen Linn wird die Zeit manchmal noch angesagt: "Hört ihr Leut’ und lasst Euch sagen, unsere Uhr hat acht geschlagen!" verkündet der Nachtwächter Peter Beurskens. Er trägt einen dunklen Rock, links eine Laterne und rechts eine Hellebarde. Unter seiner Führung dürfen die Menschen bei Dunkelheit durch die mittelalterliche Stadt laufen - was in den guten alten Zeiten ja nicht erlaubt war. Es war schließlich die Aufgabe des Nachwächters, die Leute nach Hause zu scheuchen.
In Linn ist es glücklicherweise anders. Der Beginn des Fußmarsches ist stets das Café Konkurs, und zunächst können die "Mitläufer" sich mit einem deftigen Essen stärken. Danach geht es auf die dämmerige Issumer Straße. Hier zeigt der Nachtwächter ein Haus mit der alten charakteristischen Außentreppe - sie bedeutet einen gewissen Schutz vor Hochwasser. Ein Stein über der Treppe zeigt allerdings, wie hoch das Wasser 1784 gestiegen war: Fast zwei Meter. Das eiserne Geländer an dieser Außentreppe schließt mit zwei Schlangenköpfen ab. Sie sollen das Unheil abwehren.
Noch viele andere historische Details erzählt der Nachtwächter - und manche Geschichte stammt bestimmt aus der Flunkerkiste. Verbürgt sind aber wohl seine Angaben zum schmalsten Haus - in der Rheinbabenstraße oder zum historischen Anwesen derer von Frentz. Auch einen Blick in die Kirche St. Margareta können die nächtlichen Spaziergänger tun. Das Kreuz sei sehr alt, weiß Spazierführer Beurskens. Und er erzählt auch eine interessantes Detail: 1907 wurde zum letzten Mal vom Heiligen Stuhl verkündet, dass man in dieser Kirche vollkommenen Ablass erhalten könne.
Bis vor hundert Jahren war St. Margareten deswegen ein beliebtes Pilgerziel. Die Spaziergänger dürfen sogar in den Innenhof der Burg, wo ihnen eine Schaudergeschichte erzählt wird. Die Fledermäuse streichen über die Burgmauer, und man hört Mäuschen über den Boden huschen. Auch anderes Getier begegnet den Rundgängern: Eine schwarze Katze schnürt von links nach rechts über das Kopfsteinpflaster, und den düsteren Weg am Mühlenhof überqueren die Kröten, deren Genossen im Teich quaken.
Wie so vieles in Linn ist auch diese Weitergabe von Kenntnissen und der Vermittlung altertümlicher Eindruck eine Sache von Ehrenamt. Und von Engagement. Die Hellebarde, die Laternen und ein Nachtgeschirr mit Nachthaube sind Geschenke an den Nachtwächter und seine Helfer. Sie machen den Spazierweg realistisch, lassen einen Hauch von Vergangenheit entstehen. Den Spaziergängern gefällt das gut, und sie haben auch Zeit, zwischendurch ihren Gedanken nachzuhängen. Der lehrreiche und gesellige Spazierweg endet, wo er begann: Im Café Konkurs.