Geschichte Vom Schluff bis zum Südbahnhof
Die Eisenbahnhistorie der Samt- und Seidenstadt ist vielfältig. Die WZ gibt einen Überblick.
Stadtteile. Am Westbahnhof, Am Ostbahnhof, Am Verschubbahnhof, Bahnstraße — das sind Straßennamen in der Seidenstadt, die auf zahlreiche Gleisanlagen und Bahneinrichtungen hinweisen. Die WZ wirft einige Blicke in die Eisenbahngeschichte und erkundet, wo es noch Zeugnisse dafür gibt.
Die erste Bahnlinie, die Krefeld berührte und an das deutsche Eisenbahnnetz anschloss, wurde von der „Ruhrort-Crefeld-Kreis-Gladbacher-Eisenbahn-Gesellschaft“ gebaut. Am 20. Oktober 1849 fuhr der erste Zug die Strecke Homberg — Uerdingen — Krefeld — Viersen. 1853 erreichte die Linie Aachen und Oberhausen. Später wurde diese Bahn von der „Bergisch-Märkischen Bahn“ übernommen. Es folgten Zusammenschlüsse mit der „Rheinischen Bahn“ und 1877, als diese Bahnen sich über Gleiskurven in Krefeld verbanden, war die Grundlage für den Knotenpunkt Krefeld geschaffen. Im Jahre 1880 übernahm der preußische Staat die Privatbahnen als Staatsbahnen, die 1920 zu Reichsbahnen wurden. Die Nachfolge trat nach dem Zweiten Weltkrieg die Bundesbahn an, die inzwischen zur Deutschen Bahn (DB) wurde.
In Krefeld wurde 1868 zur Erschließung des Hinterlandes die“ Crefeld-Kreis Kempener Industrie-Eisenbahn“ gegründet, die 1870 ihren Betrieb aufnahm und schnell „Schluff“ genannt wurde. Der damalige Präsident der Handelskammer pries die Gründung, weil es dadurch den Arbeitern erst möglich war, außerhalb der Stadt billige und geräumige Wohnungen zu nehmen. 1870 erteilte der Kaiser einer „Crefelder Eisenbahngesellschaft“ eine neue Konzession. Nun wurden Strecken nach Hüls, Moers, St. Tönis gebaut. In Krefeld gab es Stationen im Süden und Norden. Personentransport war wichtig, man muss wissen, dass die Textilindustrie, speziell das Seidengewerbe, einen lebhaften Personenverkehr mit sich brachte.
Der Transport von Massengütern spielte damals in Krefeld keine große Rolle. Die Privatbahnen und die spätere Staatsbahn jedoch waren besonders am Güterverkehr interessiert. Wohl deshalb begann für die Seidenstadt das Bahnzeitalter später. Dieser Bericht konzentriert sich auf die Bahnhöfe der Krefelder Eisenbahn und behandelt nur kurz den Hauptbahnhof.
Im Zuge der Eisenbahnentwicklung wurden vielerorts die Gleise der Staatsbahn höher gelegt. Man schuf Bahndämme und errichtete Brücken. So ergab sich die Notwendigkeit, den Krefelder Hauptbahnhof neu zu bauen. In den Jahren 1906/7 entstand der heutige Bau mit einem 46 Meter hohen Turm. Er schloss den Ostwall nach Süden ab.
Der wohl bekannteste „Nebenbahnhof“ ist wohl der Nordbahnhof am Preußenring. Man nannte ihn, den Schluff-Bahnhof, wegen seiner früheren Funktionen den „Hauptbahnhof der Krefelder Eisenbahn“. Er diente als Personen-, Güter und Rangierbahnhof. Seinen großen Tag erlebte der Bahnhof am 20. Juni 1902, als Kaiser Wilhelm II. und die Kaiserin in einem Sonderzug von Moers kommend ankamen und nach Begrüßung durch Oberbürgermeister Ernst Küper zum Kaiser-Wilhelm-Museum führen. Dort nahmen sie auf der Freitreppe die Huldigung der Stadt anlässlich der 200-jährigen Zugehörigkeit Krefelds zu Preußen entgegen.
Noch im Jahre 1928 gab es zwei Bahnsteiggleise, neun Rangier- und Abstellgleise, dazu noch einige Auszieh- und Ladegleise. Die Fahrpläne der Jahre von 1897 bis 1950 führten für den Personenverkehr werktags 30 bis 40 Zugfahrten auf. Dieser regelmäßige Personenverkehr endete im Mai 1951, der Güterverkehr überlebte noch einige Jahrzehnte. Als 1968 die Krefelder Eisenbahn ihr 100-Jähriges feierte, erfolgten sporadische „Schluff-Sonderfahrten“ ab Nordbahnhof. Im Mai 1980 nahm die Museumseisenbahn auf der Strecke zwischen Tönisvorst/St. Tönis und Hülser Berg ihren regelmäßigen Betrieb auf. Das Empfangsgebäude aus den Jahren 1869/70, das älteste noch erhaltene der Krefelder Eisenbahn, fungiert seit langem schon als Gaststätte. Im Jahre 1992 rundete die von gusseisernen Stützen getragene Bahnsteig-Überdachung das Bild ab. Später kam noch ein Gaststättenanbau, der sogenannte Lokschuppen, dazu. Der Bahnhof Krefeld-West der Krefelder Eisenbahn lag westlich der Gutenbergstraße und bediente mit einem ebenfalls schon lange stillgelegten Güterbahnhof West den Verkehr. Das Bahnhofsgebäude wurde 1908 im typischen Landhausstil errichtet, wurde 1943 stark beschädigt und wich im März 1982 mehreren Neubauten. Manch ein älterer Krefelder erzählt noch von den Ausflügen vom Bahnhof West zum Hülser Berg. Inzwischen erinnert nur noch der Straßenname „Am Westbahnhof“ an die Einrichtung. Die Straßenführung orientiert sich am früheren Gleisdreieck.
Im Jahre 1870 erbaute die Krefelder Eisenbahn an der Stadtseite des heutigen Hauptbahnhofs zwischen Neusser Straße und Gladbacher Straße zu ebener Erde den Bahnhof Krefeld-Süd. Doch nachdem die Staatsbahn ihre Gleise 1906 auf einen Damm verlegte, musste die Krefelder Eisenbahn einen zweiten Bahnhof Süd anlegen, diesmal in Hochlage parallel zur Saumstraße. Am 1. August 1908 wurde er eröffnet und diente mit zwei Stumpfgleisen bis Oktober 1950 dem Personenverkehr. Es gab in Süd an der Viersener Straße ebenfalls einen Güterbahnhof. Er ist inzwischen längst stillgelegt. Krefeld-Süd besaß kein freistehendes Bahnhofsgebäude. Alle Diensträume fanden unterhalb der Gleisebene Platz in zwölf Gewölbebogen. Diese überspannen noch heute rund 650 Quadratmeter. Sie umfassten ursprünglich zwei Wartesäle. Seit 1987 steht das Gebäude unter Denkmalschutz und wird seither als „Kulturbahnhof“. Der Bahnhof Hüls galt wegen des von ihm zu bewältigenden Personen- und Güterverkehrs und als Abzweigbahnhof nach Kempen und Moers lange als einer der größten der Krefelder Eisenbahn. Das Bahnhofsgebäude entstand 1869/70. Bis Anfang 1950 gab es einen regen Personenverkehr. Der Güterverkehr wurde mit der Stilllegung der Strecke Richtung Moers 1975 eingestellt. Die Teilstrecke von Hüls bis Hülser Berg wird seit Mai 1980 vom „Schluff“ befahren.
Als 1882 die Krefelder Eisenbahn auf ihrer Moerser Strecke den Abschnitt Hüls — Niep in Betrieb nahm, errichtete man den Bahnhof Niep. Seine Gleisanlagen beschränkten sich auf je zwei Bahnsteig- und Ladegleise. Nach dem Winterfahrplan 1949/50 wurde die Strecke, die zuletzt vornehmlich der Kohleversorgung Krefelds gedient hatte, eingestellt. Das schlichte Bahnhofsgebäude wurde von Anfang an auch als Gaststätte genutzt. Heute gibt es hier ein China-Restaurant.
Unberücksichtigt in diesem Bericht blieben die Neben-Bahnhöfe der Deutschen Bahn. In einem zweiten Teil zur Geschichte von Krefelds Bahnhöfen sollen dann die Stationen in Uerdingen, Forstwald, Linn und Oppum, die Güterbahnhöfe und der Verschubbahnhof im Mittelpunkt stehen.