Gericht lässt Unfallaufnahme als Beweis zu
Das Persönlichkeitsrecht des Unfallgegners bleibt bei dem Video der Dashcam unangetastet.
Erkrath/Langenfeld. Der Unfall klingt erst einmal unspektakulär: Ein VW-Bus wechselt im November 2016 von der Einfädelspur auf die Autobahn A 46, dort stößt er seitlich gegen einen Mercedes, dessen Fahrer nach einem Überholvorgang auf der dreispurigen Strecke gerade von der linken über die mittlere auf die rechte Spur wechselte. Der Hergang dieses Unfalls mit Blechschaden war nun auf einem Bildschirm im Amtsgericht zu sehen. Denn im Mercedes war eine sogenannte Dashcam angebracht — eine nach vorne gerichtete Videokamera. Und in einem Zivilverfahren wollte dessen Fahrer erstreiten, dass zumindest ein Teil des Schadens von 3800 Euro am Mercedes die Versicherung des Unfallgegners übernehmen sollte.
Die Gretchenfrage: Darf das Bildmaterial einer Dashcam, die fremde Menschen ohne deren Einverständnis filmt, als Beweismittel verwendet werden? „Eine höchstrichterliche Entscheidung zum Einsatz einer Dashcam gibt es nicht“, merkte der Langenfelder Richter eingangs der Verhandlung an. Auf Grundlage des Bundesdatenschutzgesetzes und eines Nürnberger Landgerichtsurteils ließ er den Videofilm für das Zivilverfahren zu.
Und so blickten Richter, Mercedesfahrer und dessen Anwalt sowie der Rechtsvertreter der beklagten Versicherung gemeinsam auf den Bildschirm des Gerichtscomputers. Der Filmausschnitt zeigte lückenlos, wie der Fahrer selber auf die A 46 in Richtung Düsseldorf fuhr, über mehrere Kilometer diverse Autos überholte und danach einscherte — bis an der Anschlussstelle Erkrath der VW Bus von der Einfädelspur rechts neben ihm nach links wechselte und mit ihm zusammenstieß.
Richter am Amtsgericht Langenfeld
Der Versicherungsanwalt hielt die Verwendung des Films „allein schon wegen der minutenlangen Aufzeichnung“ für unzulässig. Hinsichtlich der Persönlichkeitsrechte der Gefilmten „sollte man die Latte nicht zu hoch hängen“, merkte indes der Richter an. Dass jemand auf der Autobahn unterwegs ist, sei zu sehen, „aber durch die Aufnahmeposition von hinten aufs Auto ist niemand zu erkennen“.
Der als Zeuge geladene Fahrer des VW-Busses war nicht sicher, wie lange vor dem Spurwechsel er geblinkt hatte. „Ich hatte im Außenspiegel gesehen, dass dort niemand fuhr und auch der in meinem Auto zur Sicherheit eingebaute Seitenassistent hatte nichts gemeldet.“ Ein Beschluss fiel zunächst nicht, beide Rechtsanwälte forderten das Gutachten eines Unfallsachverständigen ein.
Wie der Richter nach der Verhandlung sagte, dürfte sich die steigende Zahl von Dashcams in Autos auch bei Rechtsstreitigkeiten verstärkt auswirken. „Vor etwa einem Jahr hatte ich bei einem Verfahren einen Film eines Unfalls zugelassen, den die Dashcam eines nicht beteiligten Lkw aufgezeichnet hatte. Die Verwendung geschah mit dem Einverständnis aller Beteiligten.“