Gericht verhandelt Fall in Erkrath Vergewaltigungs-Prozess zieht sich
Erkrath/Wuppertal, · Es kommen immer mehr Anträge, sodass sich der Prozess rund 30 Tage hinziehen könnte, befürchtet der Richter.
Auch im Leben eines Richters gibt es vermutlich Tage, an denen man am liebsten mit dem Kopf gegen die sprichwörtliche Wand laufen möchte. Anders konnte man den Gesichtsausdruck des Kammervorsitzenden im Vergewaltigungsprozess gegen einen 26-jährigen Tunesier, der seine Ex-Frau in der gemeinsamen Wohnung in Erkrath mehrfach vergewaltigt haben soll, kaum interpretieren.
Nun schon zum dritten Mal waren die Plädoyers und das Urteil angekündigt worden – und dann lagen wieder neue Anträge der Verteidigung auf dem Tisch. Ein Aufschrei auf der Richterbank, nachdem gleich sieben weitere Beweisanträge angekündigt worden waren. Damit dürfte man sich so langsam auf 40 Verteidigeranträge zubewegen in einem Prozess, der mit fünf Verhandlungstagen angesetzt worden war und nun schon locker auf 30 Prozesstage zugehen könnte.
Angeklagter bestellt eine
dritte Wahlverteidigerin
Weil sich die Kammer und auch die Prozessbeteiligten ohnehin gerade im Schnapp-Atmungsaktiv-Modus befanden, ließ der Vorsitzende Richter gleich noch die nächste Bombe platzen: Der Angeklagte hat eine weitere Wahlverteidigerin hinzugezogen. Damit sitzen seit mehr als 20 Verhandlungstagen erst zwei und nun drei teure Anwälte neben ihm auf der Anklagebank – obwohl auch das nicht so ganz richtig ist.
Denn die neue Verteidigerin ist zwar bestellt, aber derzeit noch verhindert. Sie könne erst zu einem der folgenden Prozesstage in die Sache einsteigen, was den Kammervorsitzenden – mittlerweile ziemlich ungehalten – sagen ließ: „Das hindert uns hier an nichts.“ Man könne sehr wohl auch in Abwesenheit der neuen Verteidigerin ein Urteil fällen – aber eben nicht mehr an diesem Verhandlungstag. Denn die Kammer hatte nun erstmal über die neuen Anträge zu entscheiden und die hatten es durchaus in sich.
Dem Tagebuch, in dem das Opfer die sexuellen Übergriffe aufgezeichnet haben will, wurde von den Verteidigern von Beginn an die Glaubwürdigkeit abgesprochen. An einem der besagten Tage soll der Angeklagte auf einer Verlobungsfeier in Paris gewesen sein, ein Verwandter soll Handyfotos gemacht haben und nun noch als Zeuge aus Tunesien geladen werden. Eine in der Nachbarwohnung lebende Rechtsmedizinerin soll den Angeklagten zudem per Telefon vor seiner damals schon getrennt lebenden Ex-Frau gewarnt haben – die sei eine „hinterhältige Schlange“. Und dann sei da dieses Telefonat der Ex-Frau mit dem Vater des Angeklagten gewesen, dem sie gesagt haben soll, dass sie die Vorwürfe gegen dessen Sohn zurücknehme, wenn der auf das Sorgerecht für das gemeinsame Kind verzichten würde.
Aus Sicht der Verteidigung geht es bei den Tatvorwürfen hingegen auch um Sorgerechtsstreitigkeiten für den gemeinsamen Sohn. Denn angezeigt hatte die 43-jährige Erkratherin ihren Ex-Mann offenbar erst lange nach den ihm nun vorgeworfenen Vergewaltigungen. Damals habe der Angeklagte einen tunesischen Pass für den Sohn anfertigen lassen wollen – was bei der Kindsmutter die Angst davor genährt habe, dass er das Kind außer Landes habe bringen wollen.
Tatsächlich gilt es mittlerweile als erwiesen, dass die 43-Jährige nach den Übergriffen diverse Sprachnachrichten auf dem ihrem Handy aufgenommen hatte, um diese später an die eigene E-Mail-Adresse zu schicken und daraus ein Tagebuch zusammenzustellen.
Die Anwälte des Angeklagten halten ihren Mandanten für unschuldig – sie hatten im Prozessverlauf wiederholt dessen Entlassung aus der U-Haft gefordert, da kein dringender Tatverdacht mehr bestehe. Das Gericht folgte dieser Auffassung nicht, der Angeklagte blieb in Haft. Auch die Verteidiger des 26-Jährigen hatten das Gericht wiederholt darauf hingewiesen, dass die Vergewaltigungsvorwürfe im Zuge der auf die Trennung folgenden Sorgerechtsstreitigkeiten aufgekommen waren. Der Angeklagte selbst hatte die Taten bestritten – er sieht sich als Opfer einer Verleumdung durch seine
Ex-Frau.