Der Erfolg hat viele Melodien
Das ausgezeichnete Projekt „MoMo“ der Musikschule bekommt inzwischen auch Unterstützung von professionellen Komponisten.
Monheim. „Wo war denn Euer Looping?“, fragt Musiklehrerin Stefanie Leistritz mahnend in die Klasse. Vor lauter Aufregung beim „daaaa tata daa daa“ eines Rondos haben die kleinen Violinisten vergessen, einmal den Bogen abzusetzen und im weitem Kreis zu den Saiten zurück zu führen. „Alle schön gleichzeitig“, weist die Lehrerin an.
Einmal wöchentlich Orchesterprobe zu haben, ist jetzt ganz normal für die meisten Dritt- und Viertklässler der Winrich-von-Kniprode-Schule — und für Schüler aller anderen Grundschulen im Stadtgebiet. Als Repertoire haben sie 23 Musikstücke, die eigens für sie geschrieben worden sind: ein Musikbaukasten in einem dicken, orangenen Ordner mit dem Titel „MusikManufaktur“.
Die Auswirkungen der Orchesterarbeit für die Kniprode-Schule nennt Schulleiter Christoph Schröder beeindruckend: „Die Kinder müssen einander zuhören, also einander erst einmal wahrnehmen.“ Eine ganz besondere Art des Miteinanders folge daraus. Bei Schulfeiern gebe es reichlich Gelegenheit für die Ensembles, aufzutreten. „Das gibt ein Erfolgserlebnis und fördert die Selbstsicherheit.“
Neue Stücke zu schreiben war laut Jörg Sommerfeld eine Notwendigkeit: „Es gab keine geeigneten Werke für diese Konstellation“, sagt der stellvertretende Musikschulleiter. Dritte und vierte Klassen spielen zusammen in den Ensembles.
Dabei sollen Anfänger nicht überfordert, Fortgeschrittenere nicht gelangweilt werden. Sieben professionelle Komponisten stellten sich der Herausforderung. Songwriter Thomas Neubert lässt die Kinder zum Hip-Hop-Song „Tick, Tick, Tack“, erst den Text zusammen stellen. In „Schwarzer Tee“ hat Komponist Koray Sari die türkische Laute Baglama eingebaut.
Wann Anfänger auf welchem Instrument welche Töne beherrschen, mussten die Lehrer erst zusammenstellen. Daraus leitet sich das Material für die Stücke ab. „Was ist das denn für eine Aufgabe?“, hat sich Komponist Felix Janosa zuerst gefragt, der Schöpfer der Musik von „Ritter Rost“. Schließlich ging es dann aber doch.
Bundesweit stoßen die neuen Monheimer Stücke auf großes Interesse, freut sich Sommerfeld. Bereits 190 Musikschulen haben den Ordner bei ihm bestellt — mehr als doppelt so viele, wie erwartet: „Es gibt ein Foto, wie wir zur Weihnachtszeit in Kartons untergehen“, erzählt der Musikschulmann grinsend. Den kleinen Gewinn aus dem Notenverkauf darf die Musikschule in weitere neue Stücke investieren — das Land verzichtet darauf, die Fördergelder zu kürzen.
Das Konzept kommt gut an. Durchschnittlich die Hälfte aller Schüler in Monheim lernt freiwillig weiter Musik, nachdem sie in der ersten Klasse die Musikschule kennen lernen konnten. Im Landesdurchschnitt sind es nur fünf Prozent.