„Ich habe Angst, vor die Tür zu gehen“
Die junge Frau, die von einem Mann krankenhausreif geschlagen wurde, spricht über ihre Gefühle. Sie dankt allen Menschen, die ihr geholfen haben.
Kempen. „Ich bin überwältigt davon, dass so viele Menschen geholfen haben“, sagt die 35-jährige Frau, die am Valentinstag Opfer einer gewalttätigen Attacke geworden ist. Laut Polizei ist sie von einem 51-jährigen Mann am Möhlenring zusammengeschlagen worden (die WZ berichtete).
Die Zivilcourage der Menschen — vor allem die des 17-jährigen Cedric Kelleners — hat das Opfer beeindruckt: „Allen, die geholfen haben, gilt mein Dank. Vor allem Cedric, der mit seinen 17 Jahren über sich hinaus gewachsen ist.“ Der Berufsschüler hatte die Attacke beobachtet und den Mann von der 35-Jährigen weggerissen. „Er hat ihn von mir fern gehalten und später meine Hand gehalten, bis der Notarzt kam“, erzählt die junge Frau in einem Gespräch mit der WZ.
Inzwischen habe sie auch mit Cedric Kelleners telefoniert: „Das Gespräch hat mir sehr geholfen. Es hat gut getan, mit ihm zu reden.“ Aber auch einer Frau gilt der Dank des Opfers. „Sie hat ihr Auto quer auf den Ring gestellt, als ich an der Kreuzung auf der Straße lag.“ So habe die Helferin sichergestellt, dass nicht noch etwas Schlimmeres passiert ist.
Außerdem seien zwei Lkw-Fahrer zu Hilfe geeilt, um dem 17-Jährigen dabei zu helfen, den Beschuldigten in Schach zu halten. Auch über die vielen Zeugenaussagen bei der Polizei habe sich das Opfer gefreut.
Was der zweifachen Mutter vom 14. Februar — das ist auch der Hochzeitstag von ihr und ihrem Mann — bleibt, sind zunächst körperliche Schäden. Die 35-Jährige, die nach Angaben der Polizei vom Beschuldigten getreten und geschlagen worden ist, hat schwere Prellungen des Schädels und des Jochbeins. „Das ist auch heute noch nur mit Schmerztabletten auszuhalten.“
Viel schlimmer seien für sie aber die psychischen Folgen. „Der Täter ist auf freiem Fuß. Ich habe Angst, vor die Tür zu gehen.“ Dies könne sie auch nur tun, wenn ihr Mann sie begleitet. „Mein Mann muss aber irgendwann auch wieder arbeiten. Dann muss ich meinen Alltag selbst bewältigen und mich um meine Kinder kümmern.“ Zum Schutz habe sie erstmal eine einstweilige Verfügung gegen den Beschuldigten erwirkt. Er dürfe sich ihr nicht nähern.
Zur Erklärung: Nach der Einweisung in die Süchtelner Psychiatrie wurde der 51-Jährige untersucht und von einem Arzt für „nicht psychisch krank und nicht gefährlich“ erklärt. Seitdem ist der Beschuldigte auf freiem Fuß. Die Staatsanwaltschaft will jetzt ein zweites Gutachten erwirken, um den Mann doch noch psychiatrisch unterbringen zu können. Bis zu einem möglichen Prozess können noch Monate vergehen.
Um den Angriff und die Folgen zu verarbeiten, wird das Opfer psychologisch betreut. Auf Vermittlung der Hilfsorganisation „Weißer Ring“ besucht sie demnächst eine Beratungsstelle. „Ich hoffe, dass mir das hilft und ich wieder ein normales Leben führen kann.“