Stolpersteine: Erinnerung an Familien aus Kaldenkirchen
Fünf Schülerinnen der Gesamtschule und ihre Geschichtslehrerin haben sich mit dem Schicksal von Juden im Dritten Reich beschäftigt.
Breyell/Kaldenkirchen. Auf dem Schwarz-Weiß-Foto steht ein süßes Mädchen im Sommerkleid, mit Kniestrümpfen und einer großen Schleife im Haar auf einer Wiese und lacht übers ganze Gesicht. Das Mädchen heißt Hedi Lion. Im Alter von neun Jahren wurde sie deportiert und in Riga von den Nationalsozialisten ermordet.
Mit dem Schicksal der jüdischen Familien Lion und Harf aus Kaldenkirchen haben sich fünf Schülerinnen der Gesamtschule Nettetal beschäftigt. Das Bild von Hedi Lion und viele andere Informationen zum Holocaust haben sie in der Schule ausgestellt. Dass sie die Erinnerung wach halten wollen, wurde den Schülerinnen bei einem Besuch des „Zugs der Erinnerungen“ klar, der an das Schicksal von deportierten und ermordeten Kindern erinnert.
Daher haben sie die Verlegung von sechs Stolpersteinen in Kaldenkirchen initiiert. Die Zwölftklässlerinnen wollen damit deutlich machen, dass die Menschen, die damals ermordet wurden, in der Nachbarschaft gewohnt haben. Außerdem sollen die Familien durch die Steine wieder zusammengeführt werden.
Zusammen mit Geschichtslehrerin Julietta Breuer reichten die Schülerinnen bei der Stadt einen Antrag ein und stellten ihre Vorhaben in einer Sitzung vor. Von der positiven Resonanz waren sie überrascht. Schließlich kennen sie die Diskussionen um die Stolpersteine und wissen, dass einige Menschen diese Form des Gedenkens ablehnen. „Wir haben uns überlegt, ob das überhaupt durchsetzbar ist. Aber wir haben gesagt: Wir versuchen es“, erzählt Fabienne Karmanns.
Für ihr Vorhaben haben sie viele Informationen zusammengetragen. „In dem Buch ,Die drei Eisheiligen’ ist das weit aufgearbeitet“, erzählt Tasmin Hendricks. Zu wissen, dass es Kinder waren, die ermordet wurden, dass die Familien auseinandergerissen wurden — das alles hat die Schülerinnen sehr berührt.
Um noch mehr über die Zeit zu erfahren, haben sie sich mit einer Zeitzeugin getroffen, die Hedi Lion kannte. Als Kind verbot ihr ihre Mutter mit dem Mädchen zu spielen — zunächst wusste sie nicht warum. Das Treffen hat die fünf Schülerinnen sichtlich beeindruckt.
Das Mädchen mit der großen Schleife im Haar war für sie zunächst nur ein Bild, erklärt Ann-Christin Steindl. „Für diese Frau ist es ein Mädchen, das sie kannte. Es ist zuerst schwer zu begreifen, dass da ein Leben hinter steht. Da erfasst einen eine Gänsehaut und Trauer gleichzeitig.“