Krieg und Viersen Appell um Hilfe aus der ukrainischen Partnerstadt
Viersen/Kanew · „Wir brauchen dringend Hilfe“, schreibt Igor Renkas in einem Brief an die Viersener. Er ist Bürgermeister von Kanew, Viersens Partnerstadt in der Ukraine. Bereits am Mittwoch soll ein erster Hilfstransport in Viersen starten.
Mit einem eindringlichen Appell um Hilfe hat sich der Bürgermeister von Viersens ukrainischer Partnerstadt Kanew an die Viersener gewandt. Ein erster Hilfstransport werde am Mittwoch, sechs Tage nach Kriegsbeginn, auf die Reise gehen, teilte am Montag der Verein „Freunde von Kanew“ mit. „Insbesondere medizinische Hilfsmittel und Krankenhausausstattung werden am Mittwoch mit einem Lkw in die Ukraine transportiert“, berichtete der Vereinsvorsitzende Paul Schrömbges. „Dazu gehören Hygieneartikel, Bettwäsche, Decken.“
Die 25 000-Einwohner-Stadt Kanew liegt rund 130 Kilometer südöstlich von der Hauptstadt Kiew. Bereits in den vergangenen Tagen waren zahlreiche Flüchtlinge nach Kanew gekommen. Die Stadt selbst sei bislang nicht von den Russen angegriffen worden, berichtet der Viersener Unternehmer Hans Wilhelm Janissen, dessen Frau aus Kanew stammt und täglich Kontakt mit den Menschen dort hält. Igor Renkas, Bürgermeister von Kanew, schreibt: „Wir brauchen dringend Hilfe auf allen Ebenen, von der diplomatischen über die militärisch-technische bis hin zur humanitären Hilfe.“ Wie Janissen berichtet, seien in Kanew bereits Einschläge aus einem etwa 80 Kilometer entfernten Kampfgebiet zu hören. „Stundenweise verbringen die Kanewer mittlerweile die Nacht in ihren abgedunkelten Kellern und hoffen, dass sie das Morgenlicht noch erleben. Die größte Sorge der Kanewer ist eine möglioche Zerstörung des in Kanew befindlichen Elektrokraftwerks direkt am Fluss Dnepr, das die gesamte Region mit Strom versorgt.“
Bürgermeister Renkas berichtet: „Derzeit wird in Kanew auf freiwilliger Basis ein System der territorialen Verteidigung geschaffen. Dazu gehören die Schaffung eines Systems von Schutzstrukturen in kritischen Gebieten um Kanew und der bewaffnete Schutz der Bewohner von Kanew im Falle eines Angriffs — zusammen mit der ukrainischen Armee sowie die Bereitstellung medizinischer Grundversorgung.“
Bürgermeisterin sagte
dem Verein Unterstüztzung zu
Bürgermeisterin Sabine Anemüller (SPD) rief die Menschen in Viersen auf, die Aktivitäten der „Freunde von Kanew“ zu unterstützen und sagte dem Verein jede mögliche Unterstützung bei dessen Hilfe für die Bevölkerung der ukrainischen Partnerstadt zu. So prüfe die Feuerwehr Viersen beispielsweise bereits, welches Material aus ihren Beständen für diesen Zweck eingesetzt werden kann.
Dass der Hilfstransporter bereits sechs Tage nach Kriegsbeginn auf die Reise gehen kann, sei ein „glücklicher Zufall“, berichtet „Freunde“-Vorsitzender Paul Schrömbges. „Das ukrainische Transportunternehmen hat zurzeit einen Lkw in Spanien, der eigentlich leer zurückgefahren wäre. Jetzt legt er am Mittwoch in Viersen einen Zwischenstopp ein und fährt von dort aus in die Ukraine.“ Der Verein habe aus Kanew eine Liste der benötigten Materialien erhalten. Ob der Hilfstransport tatsächlich Kanew erreichen wird, sei nicht sicher, berichtete Schrömbges. „Ich weiß, dass der Bürgermeister sich dafür einsetzt.“
Hilfe wollen auch Janissen und seine Frau Olena Khurtych leisten. Sie gründeten vor mehr als 20 Jahren den humanitären Hilfsverein Ayudis, der sich in den vergangenen Jahren insbesondere um medizinische Hilfe für Menschen aus Kanew kümmerte. Janissen: „Spenden werden dann direkt an den ,Freundschaftsverein Kanew‘ weitergeleitet.“