Willich Haushaltsausgleich „auf Kante genäht“
Die Politik hat die Finanzplanung für 2016 verabschiedet. Als größte Herausforderung gilt die Flüchtlingskrise.
Willich. Flüchtlingskrise, Klimawandel, Terrorismus, Griechenland-Krise: Die großen Probleme dieser Welt haben am Donnerstagabend ihren Weg in das kleine Willich gefunden. In den Etatreden der vier Fraktionsvorsitzenden im Stadtrat tauchten sie mal mehr, mal weniger ausführlich auf. Die „Globalisierung des städtischen Haushalts“ nannte das der SPD-Fraktionschef Bernd-Dieter Röhrscheid.
Die Finanzplanung für 2016 stand im Mittelpunkt der fast fünfstündigen öffentlichen Sitzung im Neersener Schloss. Um 22.38 Uhr wurde der Haushalt einstimmig verabschiedet. Einnahmen und Ausgaben liegen jeweils bei mehr als 128 Millionen Euro. Und sie sind knapp ausgeglichen, „auf Kante genäht“, wie es der CDU-Fraktionsvorsitzende Johannes Bäumges formulierte.
Unterschiede in Detailfragen, Gemeinsamkeit bei der Gesamtbetrachtung — das zeichnete die Haltung der vier Fraktionen aus. Als größte Herausforderung wurde dabei die große Zahl der Flüchtlinge genannt. 456 sind der Stadt bisher zugewiesen worden — und Woche für Woche wurden es zuletzt 25 mehr. Rechnet man die 450 Frauen, Männer und Kinder im ehemaligen Katharinen-Hospital hinzu, leben fast 1000 Flüchtlinge in der Stadt.
Diese Menschen unterzubringen, zu betreuen, zu integrieren kostet Geld, das von Bund und Land nur teilweise ersetzt wird. Ein Beispiel: Für den Fall eines Feuers im ehemaligen Krankenhaus muss der Willicher Schützenplatz als Notsammelplatz hergerichtet werden, was 90 000 Euro kostet. Ob die Stadt dieses Geld jemals erstattet bekommt? Kämmerer Willy Kerbusch ließ Zweifel daran erkennen.
Dass der Bau von Häusern für Flüchtlinge auch eine „Investition in die Zukunft“ ist, hob Bernd-Dieter Röhrscheid hervor. Denn sollte deren Zahl wieder zurückgehen oder sollten die anerkannten Asylbewerber Willich wieder verlassen, dann könnten diese Wohnungen als bezahlbare Mietwohnungen der Bevölkerung zur Verfügung gestellt werden. Bezahlbarer Wohnraum, so der SPD-Politiker, fehle in der Stadt.
Dass der Haushalt 2016 viele Risiken hat, betonten vor allem Raimund Berg (Grüne) und Hans-Joachim Donath (FDP). Trotz guter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen könne die Schuldenlast erstmals auf mehr als 100 Millionen Euro ansteigen, so Berg. Er kritisierte in diesem Zusammenhang „Geldvernichtungsmaßnahmen“ wie die Umgestaltung des Willicher Marktes für 1,5 Millionen Euro oder die Bauplanung am Schiefbahner Dreieck für knapp 6,2 Millionen Euro. „In beiden Fällen muss nachgesteuert werden“, forderte Berg.
Auch Hans-Joachim Donath kritisierte: „Von Gegensteuern, von strukturellen Veränderungen keine Spur.“ Doch anders als Berg verteidigte er die Neugestaltung des Marktplatzes. Es sei richtig, hier zu investieren — dies dürfe auch nicht „von 20 schlecht gewachsenen Bäumen abhängen“. Beim Schiefbahner Dreieck verständigten sich die Fraktionen am Ende darauf, die dafür vorgesehenen Haushaltsansätze zunächst mit einem Sperrvermerk zu versehen. Anfang des Jahres soll von der Verwaltung eine auf Plausibilität überprüfte Wirtschaftlichkeitsbetrachtung dieses Projektes vorgelegt werden.
30 000 Euro wurden auf Antrag der CDU zur Vorplanung einer Umgehungsstraße im Schiefbahner Norden in den Haushalt eingebracht. „Wir möchten im kommenden Jahr die Planungen forcieren“, erklärte Johannes Bäumges - was ihm den Zwischenruf „hört, hört“ vom SPD-Kollegen Bernd-Dieter Röhrscheid einbrachte. In seiner eigenen Haushaltsrede hob dieser später hervor, dass die SPD diese Planung schon seit Jahren fordere.
Beim Thema Regiobahn gab es allerdings keine Einigkeit der großen Fraktionen: Während Bäumges weiter deren Verlängerung forderte (zur Not auch auf einer Trasse außerhalb des Gladbacher Stadtgebiets), sprach Röhrscheid davon, dass die CDU hier den Bürgern Sand in die Augen streue.
Am Ende herrschte bei der Verabschiedung des Gesamtpakets einschließlich Stellenplan aber wieder Einigkeit. Alle Fraktionsvorsitzenden dankten der Verwaltung und vor allem der Kämmerei für ihre Arbeit. Und Johannes Bäumges war sogar schon ein Jahr weiter. „Wir gehen davon aus, dass der Kämmerer auch am Ende des Jahres 2016 Willy Kerbusch heißen wird“, sagte er. Dessen Amtszeit endet eigentlich im Sommer.