Getöteter Säugling in Mönchengladbach Mettmanner war Vater von „Rabea“
Mettmann/Mönchengladbach · Ende März wurde in Mönchengladbach ein Säügling tot aufgefunden. Seit Donnerstag sitzt eine 24-jährige Frau in U-Haft, weil sie ihr Baby getötet haben soll. Der Mettmanner sagt, er habe von der Schwangerschaft nichts gewusst.
Mehr als zwei Monate dauerten die Ermittlungen der Mordkommission Rabea. Dann gab es einen DNA-Treffer. Die Mutter des Babys, das am 28. April tot in einem Mülleimer in der Nähe des Mönchengladbacher Volksgartens entdeckt wurde, ist identifiziert. Es handele sich um eine 24 Jahre alte Mönchengladbacherin. Als Vater machte die Polizei den 40 Jahre alten Lebenspartner der beschuldigten aus, einen Mettmanner. Ein DNA-Test belege seine Vaterschaft. Um Spuren sicherzustellen, wurde seine Wohnung am Mittwoch durchsucht. Wichtig ist dem Sprecher der Mönchengladbacher Polizei, Wolfgang Röthgens jedoch dies: „Der in Mettmann wohnende Lebenspartner befindet sich – wie die Mutter und der Bruder der Beschuldigten – im Zeugenstatus. Gegen ihn richtet sich kein Tatverdacht.“
Die Mutter wohnt rund
200 Meter vom Fundort entfernt
Die Tatverdächtige wohnt rund 200 Meter entfernt vom Fundort der Babyleiche bei ihrer Mutter und ist „ein völlig unbeschriebenes Blatt“, wie Polizeisprecher Wolfgang Röthgens sagt. Sie sei berufstätig gewesen, hätte aber vor noch nicht allzu langer Zeit ihren Job verloren. Im Rahmen der Ermittlungen hatte die Polizei Frauen in der Umgebung des Leichenfundorts um eine Speichelprobe gebeten. Der anschließende DNA-Abgleich führte zur Festnahme. Bei den Vernehmungen habe die 24-Jährige die Tat zugegeben. Mit dem Mettmanner führte sie offenbar eine Fern-Beziehung – bei getrennten Wohnungen.
Seit dem Leichenfund ermittelten die Kriminalbeamten der Mordkommission intensiv und aufwendig. Dem toten Säugling gaben sie den Namen „Rabea“, was Mädchen bedeutet. Neben der Öffentlichkeitsfahndung wurde ein Briefkasten in der Nähe des Fundortes an der Carl-Diem-Straße aufgehängt, in dem auch anonym Hinweise eingeworfen werden konnten. „Es gab Hinweise, aber sie waren nicht zielführend“, sagt Polizeisprecher Röthgens.
Also mussten andere Ermittlungsansätze gefunden werden. Norbert Schmitz, Leiter der Mordkommission, sagt: „Wir haben vielfältige Unterstützung verschiedener Spezialisten der Polizei NRW und der Rechtsmedizin erhalten. Kräfte aus Einsatzhundertschaften, technische Spezialisten, Diensthundeführer sowie die Dienststelle Operative Fallanalyse des Landeskriminalamtes NRW haben uns tatkräftig unterstützt und die Ermittlungen begleitet.“
Die Arbeit der Mordkommission ist mit der Festnahme und der Hausdurchsuchung in Mettmann noch nicht beendet. Details aus den Monaten vor der Geburt und der Tat sind noch zu klären. Ganz allgemein wurde am Donnerstag auf Erkenntnisse zum „Neonatizid“ verwiesen – so wird das Phänomen der Tötung eines Neugeborenen genannt. Untersuchungen dazu ergaben bestimmte Muster: Die Kindstötung schließt sich oft einer Schwangerschaft an, die bis zur Geburt geheim gehalten oder sogar vor sich selbst verleugnet wird. Die Niederkunft wird deshalb häufig als Überraschung angesehen. In der Regel befindet sich die Mutter dadurch in einer extremen Ausnahmesituation. Häufig werden die nach der Geburt getöteten Babys in der Nähe des Entbindungsortes abgelegt, weil die Mütter in ihrer Panik nicht über mögliche Folgen nachdenken. Auf eine solche Reaktion von Rabeas Mutter haben die Ermittler offensichtlich gesetzt, als sie im April mit den DNA-Reihenuntersuchungen rund um den Fundort begannen. Auch die 24-Jährige bekam einen Hausbesuch von der Kriminalpolizei, und auch sie gehörte zu den Frauen, die freiwillig eine Speichelprobe abgaben. Wenig später bestätigte das LKA einen Treffer. Die DNA stimmt mit der des Babys überein.
Daraufhin wurde am 1. Juni die Wohnung durchsucht, in der die 24-Jährige mit ihrer Mutter (44) und ihrem Bruder (22) lebt, um weitere Spuren zu sichern. Mutter und Bruder hätten nach eigenen Angaben nichts von der Schwangerschaft bemerkt, so die Polizei. Sie gelten nicht als tatverdächtig und werden nur als Zeugen vernommen.
Die Spur führte auch
zum Vater der Kindes
Die Spur führte auch zum Vater des Kindes, eben jenem 40-jährigen Mann aus Mettmann. Ein unverzüglich durchgeführter DNA-Abgleich bestätigte eindeutig die Vaterschaft. Auch die Wohnung des 40-Jährigen wurde durchsucht. Aber auch er habe der Polizei gegenüber erklärt, dass er nichts von der Schwangerschaft seiner Freundin gewusst habe, heißt es in der Presseerklärung.
Die 24-Jährige habe in ihrer Vernehmung eingeräumt, dass sie ihr Kind getötet hat, sagt Pressesprecher Röthgens. Eine Obduktion des kleinen Leichnams hatte ergeben, dass der Säugling durch Gewalteinwirkung starb. Über die Inhalte der Vernehmung gibt die Polizei keine weiteren Auskünfte. So bleibt auch das Motiv noch im Dunkeln. Neonatizid kommt Untersuchungen zufolge in allen Schichten vor. Bis heute ist ungeklärt, weshalb die Mütter in solchen Fällen keine Hilfsangebote wie Schwangerschaftskonfliktberatungen, Babyklappen oder die Möglichkeit zur Adoptionsfreigabe in Anspruch nehmen.
Die 24-Jährige wurde noch am Donnerstag dem Richter vorgeführt, der die junge Frau wegen Mordes in Untersuchungshaft schickte.