Verhandlung in Friesland Mord am Ehemann: Dormagenerin unter Druck
Dormagen/Leeuwarden. · Beim Prozessauftakt im niederländischen Friesland scheint die Beweislage gegen die Angeklagte deutlich.
Kein Geständnis, keine Mordwaffe, aber reichlich Indizien und Zeugenaussagen – es war ein fulminanter Auftakt des Mordprozesses im Gerichtshof von Leeuwarden im niederländischen Friesland. Dort steht seit Mittwoch die 35 Jahre alte gebürtige Dormagenerin Jessica A. (Name geändert) vor Gericht. Ihr wird vorgeworfen, im Juli 2017 ihren Ehemann Tjeerd V. erschlagen zu haben. Hilfsweise wird ihr Totschlag vorgeworfen. Ferner sieht sich die Dormagenerin einer Entschädigungsforderung von Eltern, Schwestern und Kindern des Opfers in Höhe von 1,2 Millionen Euro ausgesetzt.
Der Saal ist zu Prozessbeginn mit Familie, Freunden und Medienvertretern voll besetzt. Das Interesse ist so groß, dass ein zweiter Raum mit Bild- und Tonübertragung eingerichtet worden ist. Der Vorsitzende Richter Kees Post bringt schnell die problematische Ehe des Paares zur Sprache. Die Dormagenerin, die in den Niederlanden in einer Arztpraxis arbeitet, und ihr Mann, der einen Online-Handel mit Mopedteilen hatte, gerieten vielfach in zum Teil heftigen Streit. Oft ging es um Geld. „Das war sicherlich ein Problem in der Beziehung“, bestätigt die Angeklagte. Ein weiterer Streitpunkt war die Schönheitsoperation. „Manchmal fand er das gut und dann auch nicht.“ Die Akte enthält auch Berichte über häusliche Gewalt. „Er hat mich gepackt und ich habe mir damals tatsächlich ein Messer geschnappt. Er musste sich nur von mir fernhalten“, so die Witwe.
Handydaten widerlegen
Aussage der Angeklagten
Ein Freund bestätigt, dass die Vorhangstangen nach einem Kampf manchmal schief hingen und dass Tjeerd manchmal blaue Flecken bekam. Dann ist von einem Gespräch zwischen Tjeerd und seinem Vater die Rede, in dem Tjeerd gesagt habe, die Witwe habe ihm gedroht, „alle umzubringen und die Kinder nach Deutschland zu bringen“. Die Witwe suchte im Frühjahr 2017 im Internet nach einem Haus in Dormagen, was sie aber abstreitet.
Ebenso wie ein Wissen um die Höhe der Lebensversicherung. „Ich habe es erst nach Tjeerds Tod herausgefunden“, sagt sie dem Richter. Nach seinem Tod erhielt die Witwe die Summe der Lebensversicherung zuzüglich rund 580.000 Euro aus seinem Nachlass. Das Erbe der Kinder ging ebenfalls an Jessica A., aber nach dem Tod von Tjeerd V. ließ sie dies auf das Konto der drei Kinder übertragen. Anders als im Vorfeld des Prozesses spielt auf einmal der Onkel der Angeklagten eine Rolle, zu dem es in der Zeit vor dem Mord einen intensiven Kontakt durch Besuche und Nachrichten gegeben hat.
Ungereimtheiten auch vor und an dem Mordtag selbst: Die Angeklagte fährt zu dem Ort, an dem ihr Mann tags drauf tot aufgefunden wird. „Ich bin nur mit den Kindern um den Block gegangen, um mich für das Abholen nach dem Festivalbesuch zu orientieren.“ Telefondaten zeigen, dass die Mutter der Verdächtigen in die Niederlande gefahren ist. Die SMS mit „Willkommen in den Niederlanden“ wird später gelöscht. Einen Moment später schaltet sich das Telefon aus und erst am nächsten Morgen wieder ein. Die Mutter bestreitet, an diesem Tag in den Niederlanden gewesen zu sein. Ihrer Meinung nach war sie mit einer Freundin in Deutschland. Diese Freundin bestreitet dies der Polizei gegenüber. Telefondaten zeigen auch, dass die Handys von Jessica A. und ihrem Mann in der Mordnacht maximal 22 Meter voneinander entfernt waren. Ferner gibt es eine Zeugin, die in der Nacht zwei Verdächtige mit Kapuze sah, die die Wiese betraten. Sie glaubt, „die weibliche Person habe ein Brecheisen in der Hand gehabt. Dieses Bild geht mir immer durch den Kopf.“
Am Ende hält der Richter der Witwe eine Aussage einer Freundin des Paares vor. Diese erzählte der Polizei, dass die Angeklagte in den Tagen nach dem Mord zu ihr „lachend“ gesagt habe, dass „der Täter nie gefunden wird, die Waffe nie gefunden wird und dass ihre Kleidung bereits in der Wäsche war“.