Mettmann/Kaarst Auf eine Fahrt an den Kaarster See

Mettmann/Kaarst. · Rund 23 000 Fahrgäste nehmen jeden Tag die Regiobahn von Mettmann zum Kaarster See. Wir haben hinter die Kulissen geschaut.

Mustafa Kayim (l.) und Hassan Al Sarout (r.) sind für die Sicherheit und Ticketkontrolle in der Regiobahn zuständig. Lukas Roßlan (M.) ist einer von 40 Zugführern.

Foto: Georg Salzburg(salz)

Es gibt wenige Orte, an denen die gesellschaftliche Vielfalt so groß ist wie in einer Bahn. Dort treffen allmorgendlich schläfrig Schlurfende auf Geschäftsleute in Anzügen, die behände in den Zug hüpfen, als wäre ihnen keine Zeit zu früh für ihre Arbeit. Da sitzt das Rentner-Ehepaar auf dem Weg zum Flughafen, das jede Haltestelle kommentiert, „nur noch drei bis zum Umstieg“. Und da sitzen Pärchen, Shopping-Freundinnen neben Feierwütigen auf dem Weg in die Altstadt – mal als Handy-Glotzer, mal als Aus-dem-Fenster-Starrer.

Bereits seit 20 Jahren befördert die Regiobahn täglich rund 23 000 von ihnen von Mettmann Stadtwald bis zum Kaarster See. Damit das funktionieren kann, sind rund 40 Zugführer und zwölf Servicemitarbeiter im Einsatz.

Ausgerüstet mit Hemd, Krawatte und Ticketscanner am Gurt

Mustafa Kayim und Hassan Al Sarout sind Teil dieses Teams. Sie tragen Krawatte, Hemd und ein Gerät an einem Gurt um den Oberkörper. Die beiden kontrollieren die Tickets der Fahrgäste, helfen Rollstuhlfahrer und Müttern mit Kinderwagen in den Zug und achten auf eine sichere Fahrt. Jährlich bekommen sie dazu eine Schulung, bei der auch Polizeibeamte Tipps geben. „Wir haben auf Anraten der Polizisten unsere Kontrollen verändert“, sagt Kayim. Er arbeitet bereits seit 2004 für das Unternehmen und erinnert sich gut daran, dass früher die sogenannte Zangentechnik genutzt wurde. Heißt: Ein Kontrolleur beginnt rechts im Zug und ein anderer links, so können Schwarzfahrer einfach zusammengetrieben werden. „Für unsere Sicherheit war das jedoch nicht besonders gut“, erklärt Kayim. Inzwischen nehmen sich die beiden immer ein Abteil vor und können dadurch auch als Zeuge eintreten, wenn es Probleme zwischen Fahrgast und dem Personal geben sollte.

Bei den meisten Fahrten findet die Kontrolle jedoch problemfrei statt. Dann gleitet eine Vielfalt an Fahrscheinen durch die Hände der Schaffner: ausgedruckte Tickets, Abo-Chipkarten, Laminiertes, Ausgestanztes und seit geraumer Zeit auch Handys.

Sicherheit- und Servicemitarbeiter Mustafa Kayim liest das Ticket von Mathematikstudentin Aishe Hassan ein.

Foto: Marie Ludwig

Aishe Hassan fährt fast täglich mit der Regiobahn und hat ihr Ticket auf dem Smartphone mit dabei. Für sie sei es die praktischste Methode. „Ich bin auf die Bahn wirklich angewiesen, um zur Uni zu kommen“, sagt die Mathematikstudentin.

Unter der Woche kommt die Regiobahn alle 20 Minuten, an Wochenenden alle 30 Minuten. Auf einem Display in der Zugführerkabine wird deshalb auch kontinuierlich angezeigt, wie der Zug in der Zeit liegt. „Wir haben eine Toleranzgrenze, die bei zwei Minuten Verspätung liegt. Alles darüber kostet den Betrieb Geld“, sagt Lukas Roßlan. Er arbeitet seit sechs Jahren bei der Regiobahn und kennt die Strecke mit ihren 18 Stationen auswendig.

Rund eine Stunde dauert die Fahrt von Mettmann bis zum Kaarster See. Roßlan fährt sie achtmal an einem Tag, legt so insgesamt 272 Kilometer mit dem Zug zurück. Sein Arbeitstag beginnt manchmal schon um halb fünf Uhr morgens – auch am Wochenende. „Wenn man jung ist, dann ist das manchmal schade, weil man eben oft nicht am Wochenende bei Partys mit dabei sein kann“, sagt der 26-Jährige. Dafür habe er aber auch einen anderen Tag unter der Woche frei, und das sei ja auch nicht verkehrt, findet Roßlan.

Der Blick über die Schulter von Zugführer Lukas Roßlan während der Einfahrt in den Düsseldorfer Hauptbahnhof.

Foto: Marie Ludwig

In seiner Kabine überblickt er etliche Knöpfe, Displays und Schalthebel. Darunter auch das IRE-Gerät, das eine große Ähnlichkeit mit einem gelben Knauf hat. Im Grunde handelt es sich dabei jedoch nur um eine riesige Infrarot-Fernbedienung, mit der er die Bahnübergänge schließen kann. Personen im Gleis hatte er bisher nicht – nur einmal sei ein Lkw auf einem dieser Bahnübergang liegengeblieben. Passiert ist damals aber nichts.

In der Zugführerkabine ist das Brummen des Motors zu hören

Überhaupt gibt es in der Zugführerkabine etliche Instrumente für die Sicherheit im Zug. Der Schalthebel „Wachsam“ beispielsweise wird von Roßlan dann umgelegt, wenn dem Zug eine Veränderung, zum Beispiel an einer Schaltstelle, bevorsteht. Warnt er den Zug nicht vor, dann beschwert sich dieser postwendend mit einem Piepston.

Meistens ist es jedoch ruhig in der Zugführerkabine. Dann ist nur das gleichmäßige Brummen des Motors zu hören, während der Zug Neanderthal, Düsseldorf, den Rhein und Neuss passiert und Geschäftsleute, Rentner, Feierwütige, Handy-Glotzer und Aus-dem-Fenster-Starrer an ihr Ziel bringt.