Interview Ute Piegeler „Wir sehen positiv in die Zukunft“

Meerbusch · Die Kulturamtsleiterin spricht über den langen Weg aus der Corona-Pandemie und die Herausforderungen der kommenden Monate.

Ute Piegeler findet, dass kulturelle Live-Erlebnisse nicht digital ersetzbar sind.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Die Pandemie-Einschränkungen haben große Schäden in der Kunst- und Kulturszene hinterlassen. Gestritten wird darüber, ob dieser Bereich seitens des Bundes und der Länder vernachlässigt wurde. Auf jeden Fall wird ein Neustart Kultur herbeigesehnt und entsprechend forciert. Das gilt auch für den regionalen Kulturbetrieb und damit die Meerbuscher Kulturlandschaft. Monika Götz hat darüber mit Ute Piegeler, Leiterin des Fachbereichs Kultur, Schule, Sport gesprochen:

Wie groß sind die Schäden, die der Lockdown hinterlassen hat?

Ute Piegeler: Gerade die Kultur wurde schwer gebeutelt. Das Forum Wasserturm als Meerbuschs große Veranstaltungsstätte blieb fast ein Jahr geschlossen. Das tut weh – allen Kulturschaffenden und auch unsere Kundinnen und Kunden. Für sie ist das Kulturprogramm oft ein Ausgleich zur Anspannung im Beruf oder in der Familie. Und vor allem die ältere Generation beklagt den Wegfall sozialer Kontakte. Die Teilnahme an einer Kulturveranstaltung ist häufig ebenso wichtig, wie der anschließende Besuch eines Cafés zum Austausch des Erlebten. Das VHS-Programm beispielsweise wurde dreimal abgesagt. Das ist heftig. Für uns entstand das Gefühl, mit größtem Aufwand zu arbeiten – Rückabwicklungen, Eintrittsgelder zurückgeben, neue Termine suchen – das war aufwendig und unerfreulich. Aber wir hoffen, dass es nach der Sommerpause im September mit angemessenen Inzidenzwerten wieder los geht. Mit allen Institutionen im Normalbetrieb zu sein – das ist ein Traum.

Wie geht es mit den einzelnen Programmen weiter?

Piegeler: Wir haben ab September alles reingepackt. Es wäre falsch gewesen, mit einem ‚ärmlichen‘ Herbstprogramm im bis dahin renovierten Forum Wasserturm zu starten. Schließlich wird es bald eine Angebots-Flut aus den umliegenden Städten geben. Deshalb müssen wir überlegen, was dann mit unserem ‚kleinen Meerbusch‘ geschieht. Das Forum als einzige große Kulturstätte für 58 000 Einwohner muss erhalten bleiben. Kurze Wege zum Kulturort – zu Fuß oder per Rad – sind angesagt und entsprechen dem Anspruch zum Thema Klimawechsel. Die großen Events finden in Düsseldorf oder Köln statt – die kleineren erlebbaren Dinge vor Ort. Um die Menschen zu begeistern, haben wir ein abwechslungsreiches Programm zusammengestellt. Denn die Frage, ob das Publikum überhaupt noch will, ob es sich traut, ist allgegenwärtig. Deshalb wollen wir mit einem vielfältigen Mix zeigen, dass wir wieder da sind. Neben Kindertheater und Kino treten die Kabarettisten Robert Griess, Anka Zink, Wilfried Schmickler oder Jürgen Becker auf und es gibt auch wieder Weltklassik live. Außerdem ist eine Coverband von Pink Floyd zu hören, kommen die Golden Girls mit einer Travestieshow nach Meerbusch und ist die regionalen Musikgruppe Tierra Negra zu Gast. Die Aufführungen des Lotumer Buretheaters fallen wegen der fehlenden Proben aus. Aber auch das VHS-Programm startet – präsentiert wird es im August in einem neuen Internet-Auftritt. Daran haben wir intensiv gearbeitet und weisen besonders auf die Programmpunkte zu „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ hin.

Gibt es auch für die Teloy-Mühle eine Planung und wie geht es mit den Kunstschaffenden weiter?

Piegeler: Der Kunstkreis hat jetzt mit der Jahresausstellung in der Teloy-Mühle den Anfang gemacht, andere Kunst-Vereine werden im Herbst wieder ausstellen. Und am 3. Oktober gibt es ein Highlight. „100 Jahre Beuys“, eine kleine feine, von Bernd R. Meyer kuratierte Veranstaltung mit einem Booklet der Kunsthistorikerin Margot Klütsch. In der Stadtbibliothek wird es außerdem einen Literaturtisch zu Beuys geben. Damit wollen wir zeigen: Beuys ist in Meerbusch präsent. Außerdem wird in einer Sondersitzung des Kulturausschusses im September offiziell ein vom Rat der Stadt zur Verfügung gestellter Etat über 11 000 Euro zum Ankauf von Kunstwerken zur Sprache kommen. Dazu wird ein Wettbewerb ausgeschrieben, in dem Künstlerinnen und Künstler ihre Werke per Foto plus Preisvorstellung der Stadt zum Kauf anbieten können. In der folgenden Sitzung bekommen die Kulturausschuss-Mitglieder Punkte, mit denen sie die aufgehängten Bilder bewerten können. So wird entschieden, was angekauft und anschließend die Räume der Kulturverwaltung oder anderer Mitarbeiter verschönern wird. Das ist eine kleine städtische Fördermaßnahme für die gebeutelte lokale Kulturlandschaft.

Werden in der Pandemie genutzte neue Praktiken mit in die Normalität genommen?

Piegeler: Ein Beispiel ist die Städtische Musikschule. Auch wenn es hier digitale Projekte gab – das Live-Erlebnis ist nicht zu ersetzen. Deshalb soll bald mit der Ensemblearbeit gestartet werden. Zwar wurde der Online-Unterricht als machbar entdeckt – aber Musik lebt vom direkten Hören und der Musiker von den Auftritten. Wir hoffen, ein bis zwei Aufführungen im Herbst durchziehen zu können. Trotzdem sind wir für weitere Einschränkungen gerüstet. Die Musiklehrerinnen und -lehrer hatten für den Online-Unterricht ihr privates Equipment zur Verfügung gestellt. Jetzt haben sie alle ein von der Stadt finanziertes iPad bekommen. Damit könnten wir schnell von Präsenz- auf Digital-Unterricht umstellen, sind besser vorbereitet und sehen grundsätzlich positiv in die Zukunft.