Kaarst: Stadtgeschichte - Verstaubt, nicht vergessen

Beim Tag der Archive konnte manches Symbol vergangener Tage bestaunt werden.

Kaarst. Das Stadtarchiv im Keller des Rathauses hütet eine Schatzkiste. Sicherlich besitzen die unzähligen zeitgeschichtlichen Dokumente einen ideellen Wert, aber dieser eine braune Koffer, mit einigen weißen Farbklecksen bespritzt, verbirgt noch einige Geheimnisse.

Das alte Reise-Utensil stammt von Familie Tillmann aus Büttgen und wurde Stadtarchivar Peter Brinkmann randvoll mit Fotos und anderen Papieren übergeben. Vermerkte Jahresdaten weisen auf das Jahr 1930 hin, "der Koffer muss aber noch viel älter sein", schätzt Frank Ahlert. Das Mitglied des Arbeitskreises Stadtgeschichte im Stadtarchiv Kaarst durfte beim Tag der Archive allerdings genauso wie die Besucher den Koffer nur durch die Scheibe einer Glasvitrine bewundern.

Zum vierten Mal fand dieser Tag der offenen Tür statt. Im Atrium zeigten Stellwände Fotos aus dem neuen, zweiten Band "Geschichte in Bildern", der sich mit den Themen Verkehrsmittel und Wege, Krieg und Frieden, Wirtschaft im Wandel und Schützenbrauchtum befasst. Zu sehen waren Kutschen und ein Schienenbus, zahlreiche Schützenparaden und ein Riesenrad auf der Kaarster Kirmes. Das Bild vom ersten Kaarster Wochenmarkt am 6. Juli 1968 zwischen Rathaus und Martinus-Kirche wirkte wie ein Trödelmarkt. Die Händler kamen mit dem Fahrrad und verkauften ihre Waren von spartanisch anmutenden Tischen.

Seit der Gründung des Arbeitskreises Stadtgeschichte vor vier Jahren werden dem Stadtarchiv fast täglich Dokumente und Erinnerungsstücke übergeben. Aus vielen Privatbeständen stammen die Fotos, Menschen mit Nachnamen wie Steinfels oder Nilges sind über Generationen in Kaarst bekannt. Peter Brinkmann führte den ganzen Tag über Gespräche, verwies auf kleinste Besonderheiten, die in den Vitrinen zu sehen waren-eine Eisenbahnfahrkarte, ein altes Quartettspiel mit Autos längst vergangener Jahrgänge oder ein Lohnstreifen-ebenfalls ein Symbol der Arbeitswelt von Gestern-waren genauso wichtig für die zeitgeschichtliche Dokumentation des Alltags in Kaarst.

Eine Diashow zeigte weitere Bilder. Bis diese sich wiederholten, vergingen mehrere Stunden. "Den Bestand kann ich überhaupt nicht beziffern", bedauerte Brinkmann. Eine Aufnahme hätte er gerne noch in den aktuellen Bildband genommen, doch das Foto vom Bau des Kaarster Kreuzes bekam er leider erst kurz nach Redaktionsschluss.

Bei ihrem Besuch bekamen die Besucher Tipps zum Aufbau eines privaten Archivs und konnten sich mit dem Thema Familienforschung auseinandersetzen. Bereits am heutigen Montag wird der Arbeitskreis die Arbeit an seinem dritten Buch beginnen. Es wird sich mit den Themen kirchliches Leben und Vereine sowie ein weiteres Mal mit dem Brauchtum befassen. Dafür setzen sich die Historiker ein ehrgeiziges Ziel. "Wir möchten neues Bildmaterial aufspüren, das noch nie öffentlich gezeigt wurde", sagt Brinkmann. Im Jahr 2010 soll der nächste Bildband fertig sein.