Begrabt mein Herz in Wuppertal Die Angst vor dem neuen Rollkragenpulli

Kolumne | Wuppertal · Satiriker Uwe Becker schreibt in der Kolumne „Begrabt mein Herz in Wuppertal“ über seine Stadt. Bei Rollkragenpullis wird es jedoch sehr persönlich.

Uwe Becker, 1954 in Wuppertal geboren, ist Chefredakteur des Wuppertaler Satiremagazins Italien und Mitarbeiter des Frankfurter Satiremagazins Titanic. Jeden Mittwoch schreibt er in der WZ über sein Wuppertal.

Foto: Joachim Schmitz

Nächsten Monat habe ich Geburtstag. Ich bin froh, dass das nur einmal im Jahr passiert. Immer dieses Feiern. Weihnachten reicht doch. Ich stehe nicht gerne im Mittelpunkt. Die meisten von Ihnen denken jetzt bestimmt, das kann ja wohl nicht sein, der Becker drängt doch gerade zu auf die Bühne. Aber da irren Sie sich gewaltig. Ich bin von einer überirdischen Macht aufgefordert worden, Dinge zu tun, die ich heute tue. Vom Wesen her bin ich schüchtern und mein ganzes, tägliches Handeln im Privaten ist von Rücksichtnahme und Zurückhaltung geprägt. Früher war das anders. So lange beide Elternteile lebten und ich Kind war, war mein Geburtstag mit der materialistischen Hoffnung verbunden, ein wahnsinnig schönes, wertvolles Geschenk zu bekommen. Meine Erwartungen wurden immer enttäuscht, da sie natürlich zu hoch waren. Ab dreizehn hoffte ich auf Geldgeschenke, die über den Rahmen des Möglichen weit hinausgingen. Als ich fünfzehn wurde, schenkte mir mein Vater überraschend einen dieser neuen blauen Euroschecks. Zu meiner großen Enttäuschung durfte ich die abzuhebende Summe nicht selber eintragen. Hinter der Zahl war auch nicht genügend Platz, um sie durch eine Null zu ergänzen. Immerhin waren es hundert Mark, so viel hatte ich noch nie auf einen Schlag besessen.